Humboldt-Forum / Stadtschloss - Der Bauthread

  • Diese Diskussion ist aber ja nicht neu. Es geht hierbei doch um entscheidende Fragen zum äusseren Erscheinungsbild, wie es sie auch schon bei der Farbgebung der Fassade, den Fensterrahmen, der Textur des Sandsteins u.a. Details gegeben hat. Im Grunde hat man bei vielen Details, die Katze im Sack gekauft. Die schönen, verklärenden schwarz - weiss Bilder, zeigen halt nur den Zustand eines "alten gebrauchten Gebäudes". Jetzt steht da ein Neubau und das ein oder andere Detail überrascht, weil es so gar nicht nach dem aussieht, was zuvor mittels der Fotos angepriesen wurde ( leider wie bei sehr vielen Neubauten üblich).

    Im konkreten Fall, finde ich das ärgerlich, weil die Kartusche wie ein Fremdkörper an dieser Stelle und überhaupt nicht harmonisch wirkt. Schade!

  • Es ist immer wieder lustig, wie manche Leute nach Anbringung neu rekonstruierter Teilstücke (z.B. dem Anbringen der großen Kartusche) ganz überrascht und teilweise auch empört sind, als wären diese in einer Nacht- und Nebelaktion einfach aufs Schloss gesetzt worden, ohne dass irgendeiner vorher davon wusste.
    Die Kartusche war seit vielen Jahren in Planung und seit über zwei Jahren in Arbeit, wir wussten genau bei welchen Künstlern und Handwerkern, und zwischendurch gab es immer mal Zwischenschritte in Text und Bild. Die Anbringung der Kartusche wurde drei mal um jeweils mehrere Monate verschoben. Eine große Überraschung ist was anderes.
    Seien wir mal ehrlich, viele hat das Ganze einfach nicht interessiert, und das ist auch in Ordnung so, aber sich im Nachhinein beschweren, dass irgendwelche Fakten geschaffen worden sind und gar Bedenken an der Demokratie des Ganzen äußern...aiaiai...
    Tschuldigung, aber da sind diejenigen gut 20 Jahre zu spät. Das wurde alles bereits in demokratischer Weise debattiert, dann fest beschlossen, dann in Planung und Arbeit gegeben. Das hat halt alles etwas Zeit in Anspruch genommen, weil es eben kein "Disneyland" ist, sondern eine materiell und künstlerisch höchstwertige Rekonstruktion.

    Speziell Baukörper gerichtet:
    Du kannst dir ganz sicher sein, dass eine Expertenkommission (Historiker, Künstler, der Denkmalschutz...) die Planung und die Arbeit an der Kartusche eng verfolgt haben. Die Öffentlichkeit hat übrigens auch immer wieder mal Zwischenschritte präsentiert bekommen.
    Diese Expertenkommission hat sich letztendlich für diese sehr dunkle Patinierung entschieden. Sie werden ihre Gründe gehabt haben, das war kein Zufall, damit müssen wir uns fürs erste abfinden.

  • Pardon, aber ich kann mich an keine Visualisierung und kein Originalbild erinnern, das so einen starken Kontrast zeigt.

    Das war offensichtlich auch nicht nötig, weil man sicher die Farbe der Wachsschicht, hätte beeinflussen können.

  • Preußische Architektur sicher. Wilhelminische Architektur wohl eher nicht.

    Preußische Architektur ist ein Allerweltsbegriff und keine kunstgeschichtliche Kategorie. Preußischer Barock hingegen schon - der hier aber nicht zutrifft. Wilhelminismus definiert hingegen gesellschaftlich-kulturelle Gegebenheiten in einem definierten Zeitraum. Dahingehend auch einen speziellen Architekturgeschmack (vornehmlich Neobarock und Neoromanik), der vom Namensgeber mal mehr und mal weniger stark beeinflusst und begünstigt wurde.


    Und im vorliegenden Fall war der Einfluss selbstredend sehr groß und musste dem Faible seiner Majestät zum opulenten Neobarock Rechnung tragen.


    In der längsten Zeit ihrer Existenz kamen Portal III und Kuppel auch ohne verbindenden Aufsatz und Kartusche aus. Andernorts hat man sich auch gegen die wilhelminische Ausführungsvariante entschieden.

  • Pardon, aber ich kann mich an keine Visualisierung und kein Originalbild erinnern, das so einen starken Kontrast zeigt.

    Bei eventuellen Visualisierungen kann ich jetzt nicht helfen, bei Originalbildern vielleicht eher.


    Natürlich sieht man auf historischen Aufnahmen keinen starken Kontrast zum Mauerwerk, weil es ihn auch garnicht gibt.

    Das liegt jedoch weniger an der dunklen Patina der Kartusche, als an dem fast schwarzen Sandstein.



    ...weil man sicher die Farbe der Wachsschicht, hätte beeinflussen können.

    Hätte man sicher machen können, nur wäre die Kartusche dann beliebig und alles andere als eine originalgetreue Rekonstruktion. (Man könnte natürlich nachträglich den Sandstein schwärzen, aber das wäre wohl noch bekloppter)


    Man hat sich halt dafür entschieden, daß die augenscheinlichsten Materialien am gesamten Bau weitestgehend nicht künstlich vorbehandelt werden, sondern natürlich patinieren sollen.

    Gerade auch das macht die Rekonstruktion so wertvoll, weil man sich eben weitestgehend an originalen Materialien orientiert und diese auch original/natürlich altern läßt.


    Ich jedenfalls habe kein Problem damit, daß ich in meiner Lebenszeit wahrscheinlich kein grünes Dach, keine grüne Kuppel und vor allem keinen geschwärzten Sandstein an der Rekonstruktion erblicken werde.

    Und ich werde mich an jeder Vergoldung erfreuen, die bei heutigen Umweltbedingungen auch nach Jahrzehnten noch als solche zu erkennen ist.



    Gruß, Jockel

  • Eine sprichwörtliche Zierde dieser Stadt. An so viel Handwerk und Kunstsinn muss sich die Umgebung später messen lassen, und das wird kein einfaches Unterfangen. Hier kommt der Diderot-Effekt zum Tragen: Gegen echte Baukunst kommt die gedämmte Putzfassade einfach nicht an.

  • Für mich wiederholt sich immer wieder der gleiche Eindruck: Ich kann rein ästhetisch an keiner Stelle der Reko wirklich etwas aussetzen. Auch wenn ich persönlich die Gesamtproportionen nicht ganz ideal finde, ist das ein extrem interessantes, hochwertiges Erscheinungsbild.


    Was mich wirklich massiv stört, ist aber der cleane Look. Das passt überhaupt nicht zu so einem von der Idee und dem Design her alten Bauwerk und auch nicht zum würdevoll gealterten Umfeld. Es sieht eben so aus, als hätte man ein altes Schloss neu gebaut - und genau das ist bei den Fassaden ja mehr oder weniger auch der Fall. Entsprechend ist mE auch nicht die Kartusche "falsch", sondern vielmehr umgekehrt der Rest.


    Nachteilig ist halt auch, dass das direkte Umfeld weiterhin Baustellencharme versprüht. Wenn dort erst einmal mehr Leben und Alltag einkehrt und dann das ein oder andere Jahr ins Land zieht, wird das mE auch dem Humboldtforum nur gut tun. Das Auge wird sich gewöhnen und Bauwerk und Umfeld werden zunehmend verschmelzen. An so einem Detail wie der Kartusche wird sich irgendwann niemand mehr stören. Im Gegenteil kann man mE gerade durch den starken Kontrast gut darauf verweisen, dass "normal" (i.e. ohne Sprengung) die gesamte Fassade eher diesen Farbton angenommen hätte bzw. faktisch ja hatte.

  • Aber wie ein gealtertes Original sieht es aber nun mal leider gar nicht aus, eher wie farblich nicht abgestimmt.

    Handwerklich ist das sicher dennoch eine große Leistung, aber ich glaube nicht, dass das nicht auch anders gegangen wäre. Was hat denn gegen blankes Kupfer gesprochen?

  • Was mich wirklich massiv stört, ist aber der cleane Look.

    Warte doch einfach mal 20 Jahre ab. Der saure Regen wird schon dafür sorgen, dass der Look bald nicht mehr sauber aussehen wird. Oder hast du ernsthaft erwartet, dass die Fassadenrekonstruktion auch den obligatorischen Taubenkot im Leistungspaket beeinhaltet? Wie soll eine Rekonstruktion, die nagelneu ist, würdevoll gealtert aussehen? Das ist schlichtweg ein Ding der Unmöglichkeit.

  • Architektur-Fan Das war doch auch gar nicht als Kritik an der Umsetzung gemeint, nur als reine (subjektive) Beobachtung. Mich stört diese Diskrepanz aus ideellem Alter und frischem materiellem Erscheinungsbild eben sehr, wenngleich ich natürlich um die Zusammenhänge weiß. Und nein: Eine künstliche Alterung des Materials hätte ich auch nicht unbedingt bevorzugt. Ich schrieb doch sogar selbst, dass es sicher mit den Jahren dann zunehmend stimmiger aussehen wird. Aber aus genau dem Grund störe ich mich überhaupt nicht an der dunklen Kartusche. Sie bildet mE vielmehr einen interessanten Kontrast, der aktuell recht scharf ausfällt aber mit den Jahren dann verblassen wird. Für mich vermittelt diese Kontrastwirkung bzw. dieser Angleichungsprozess daher gewissermaßen sogar zwischen dem historischen Schloss und der Schlossreko.

  • ^Das ist auch in Berlin natürlich bei vielen alten Gebäuden der Fall. Doch trotz regelmäßiger Pflege und Reinigung merkt man meist an der einen oder anderen Stelle doch auch Patina. Die Reko-Fassaden des Humboldtforums wirken für mich aus den verschiedenen angesprochenen Gründen aktuell immer noch wie ein Fremdkörper. Aber das wird schon noch.


  • Mit der Adler-Kartusche (und den Nacharbeiten w/ Orden-Dödel und Goldketten-Schließung) ist die Dekoration noch lange nicht abgeschlossen.
    Als nächstes folgen erst einmal die acht Statuen von Propheten auf die Ballustrade an der Kuppel.

    Dann sollen die Portale eins, zwei, vier und fünf ihre Statuen auf die Traufe bekommen, das wären 4 x 4 = 16 weitere Statuen + 2 Statuen auf den Eckgesimsen zur Nordwestseite hin.

    Immerhin sind das 26 Figuren, die in der Pipeline sind.


    Ferner sollen noch die Durchgänge der Portale ausgestaltet werde, wo jetzt noch roher Beton vorherrscht.

    Es wird um Spenden gebeten! :saint:

  • Das mit der Godzilla-Zecke, ist jedenfalls eine lustige und optisch treffende Assoziation. Frontal und mit Abstand betrachtet hat die Kartusche etwas Insekten- oder Spinnenhaftes🕷️.


    Ich empfinde denn Akzent an dieser Stelle aber stimmig.


    Assoziationen hervorzurufen, die oft weit vom Gegenstand wegführen, ist ein Merkmal von Kunst aber auch von Landschaften und Naturobjekten.


    Über welches andere neue Bauwerk würden wir je so intensiv diskutieren?

  • Ich finde nach wie vor nicht, dass die Kartusche passt, aber insgesamt ist es schon okay.


    Bis auf die fehlenden Statuen ist die Westseite ja nun komplett und wirkt alles in allem stimmig.


    Ein wenig störe ich mich noch an dem Farbunterschied der beiden Fassadenhälften, aber gut, auch das sei verziehen :lach:

  • Warte doch einfach mal 20 Jahre ab. Der saure Regen wird schon dafür sorgen, dass der Look bald nicht mehr sauber aussehen wird.

    Es gibt natürlich keinen sauren Regen mehr. Die schwarze Verfärbung wird über die Zeit durch Oxidation entstehen.

    Das selbe "Problem" haben m.M.n. auch die Rekonstruktionen in Potsdam. Allerdings verstehe ich nicht wieso das hier so eine Überraschung sein sollte?

  • Aus den jüngst geposteten Bildern habe ich nochmal die Installation der Kartusche zusammen gefaßt. In dem Video sind auch viele Bilder aus dem APH Forum enthalten.


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  • Etwas Beifang auf meiner heutigen Tour. Der Fassadenschmuck an der süd-westlichen Ecke des HF hat etwas Federn gelassen. Zum Glück wurde Niemand verletzt.


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    meine bilder

  • Sollte man mitnehmen und sichernd verwahren aus meiner Sicht. Wie kann so etwas runterfallen? Vandalismus?