Humboldt-Forum / Stadtschloss - Der Bauthread

  • Fiel mehr gerade erst beim Vorbeiradeln auf, dass bereits Fenster eingesetzt werden. Bin ein bisschen enttäuscht, dass sie weiß lackiert sind – holzfarben wie in Versailles oder dunkel wie in der Würzburger Residenz hätte mir besser gefallen. Sieht, finde ich, edler aus und passt gut zu barocken Fassaden.


    Auch die rekonstruierte Fassade des Braunschweiger Residenzschlosses hat rot-braune Fenster erhalten, und diese historische Zeichnung des Berliner Schlosses deutet mir ebenfalls auf dunkle Fenster hin. Warum jetzt also weiß? Man weiß es nicht...

  • ^ Das mit der Fassung ist interessant: Die Fenster wurden ja sicherlich regelmäßig neu gestrichen, und solange Königs noch im Schloss zuhause waren, wird man sich weniger an Denkmalfragen orientiert haben als am Zeitgeschmack. Die Rahmenfarbe könnte also mehrfach gewechselt haben.


    Nun ist es ja keine Seltenheit, dass wir uns die Farbigkeit historischer Gebäude völlig falsch vorstellen, weil wir immer nur den Zustand der letzten hundert Jahre vor Augen haben. Deshalb glauben wir, antike Tempel wären weiß gewesen, obwohl sie in Wahrheit kunterbunt angemalt waren, und auch die gotischen Kirchen waren in ihrem Innern nicht monochrom in ocker oder beige gehalten wie (in der Regel) heutzutage, sondern farbenprächtig ausgestaltet – wie z.B. die Göttinger Jakobikirche, in der die Gestaltung des 15. Jahrhunderts wieder hergestellt wurde.


    Woraus sich für das Stadtschloss die Frage ergibt: Hat man sich bewusst für den letzten Zustand vor dem Abriss und gegen die Gestaltung der Schlüterzeit entschieden? Ist die Farbgebung des Originals in Vergessenheit geraten? Oder waren die Rahmen einfach immer schon weiß? Das ist nicht unwahrscheinlich, doch andererseits sind auch die Fensterrahmen in Versailles vor der letzten Restauration weiß lackiert gewesen – und dass sie jetzt holzfarben sind, ist bestimmt keiner Handwerker-Laune entsprungen, sondern dem Versuch, das Äußere des Schlosses wieder in den Urzustand zu versetzen.

  • In der Regel hatten Baudenkmale wie das bewohnte Berliner Schloß keine Originalfenster mehr. Auch am Potsdamer Stadtschloß sind in der Gründerzeit neue Fenster eingebaut worden. Nachgebaute Barockfenster waren eher eine Seltenheit - angesichts der Lebensdauer von Holzfenstern muss man eher von einer Nutzschicht ausgehen.


    Die herrschende Denkmalpflegedoktrin ist - sollte man sich überhaupt zu einer Rekonstruktion entschliessen können - den letzten Zustand vor der Zerstörung wiederherzustellen.


    Ausnahmen bestätigen die Regel, wie in Potsdam, wo das Stadtschloß zwar weisse Fenster mit Gründer-Schlagleisten und Kämpfern bekommen hat, die Palazzi Pompei, Pseudo-Chiericati und Barberini jedoch barocke Fenster, obwohl die Meßbilder der vorletzen Jahrhundertwende gründerzeitliche Fenster mt gründerzeitlichen Teilungen dokumentieren. Hier orientierte man sich an einer Radierung aus den 1770er Jahren, auf den - natürlich - Kreuzstockfenster zu sehen ist. Wohl offenbar um zusätzlich Verwirrung zu stiften wurden die Fenster auf Anweisung der Denkmalpfle grau bzw. beige (Barberini) gestrichen - statt bleiweiss.


    Insofern gehen die weissen Fenster beim Berliner Schloß schon in Ordnung; Komandantur, Oper, Kronprinzenpalais und Zeughaus haben sie auch.

  • Vorbereitungen in Dahlem u. Filmchen zur Fassadenarbeit

    Ab dem 11. Januar werden in Dahlem Bereiche des Museums für Asiatische Kunst (Süd-, Südost- und Zentral-Asien), die Ausstellungssäle der Südsee und der nordamerikanischen Indianer, wie auch das Junior Museum für Besucher geschlossen. Aus Gründen des Platzmangels werden aus den Ausstellungshallen dann Restaurierungswerkstätten. Insgesamt werden etwa 17.500 Objekte von Kuratoren, Restauratoren und Depotverwaltern gesichtet, gereinigt, wenn nötig restauriert und transportsicher eingepackt.
    Die Boote der Südseeabteilung und Höhlen der Seidenstraße kommen schon bis 2018 ins Humboldt-Forum, da aufgrund ihrer Größe einige Wände dort erst nach ihrem Einzug geschlossen werden können. PM


    Und: Zur Herstellung der Schlossfassade gibt es ein Filmchen, 'Handmade mit Roboterhilfe': Link

    5 Mal editiert, zuletzt von Dunning-Kruger () aus folgendem Grund: Ergänzung

  • So sah es diese Woche am Stadtschloss aus (gefühlt gibt es Baustellen, die schneller vorwärts kommen...)




    Bilder von mir

    Einmal editiert, zuletzt von patbre ()

  • ^ Was bedeuten dürfte: das ist tatsächlich das endgültige Material. Nur welches wohl? Beton? Ein Kunststein? Ein sehr heller Naturstein? Ich war eigentlich davon ausgegangen, dass dort der gleiche, gelb-orangfarbene Sandstein zum Einsatz kommt, wie an den anderen fassaden, aber damit lag ich wohl falsch...

  • Ich war eigentlich davon ausgegangen, dass dort der gleiche, gelb-orangfarbene Sandstein zum Einsatz kommt, wie an den anderen fassaden, aber damit lag ich wohl falsch...


    Und wieso bist du davon ausgegangen? Seit Jahren weiß man, dass die Fassadenverkleidung des Ostflügels aus Beton sein wird. Wurde immer wieder gesagt.


    Hätte mir auch eine Sandsteinverkleidung wie bei den barocken Fassaden gewünscht. Hätte alles etwas zusammenhängender gewirkt. Aber wahrscheinlich wollte man genau das vermeiden. :/

  • Das es kein Naturstein ist, ist ja noch nicht mal das Schlimmste. Es gibt durchaus hochwertigen Kunststein/Architekturbeton, der im Erscheinungsbild nah an Naturstein herankommt. Was mich eher stört, ist dass die Fassade an der Ostseite wohl nur ein sehr gleichmäßiges helles Grau als Farbton erhalten wird. Nun ist die Farbe der Bauteile aus Sandstein an den restlichen Fassaden teils auch grau, aber immerhin changiert dort der Farbton in verschiedenen Farbtönen von gelblich zu gräulich und auch die Patina wird sicherlich nicht schlecht aussehen. Auf den Visualisierungen ist die Ostfassade immer in schönem warmen Sonnenlicht dargestellt, so dass der Beton auch nicht so grau wirkt. In der Realität wird es wohl deutlich nüchterner sein.


    Aber immerhin wird die Fassade doch recht plastisch ausgeformt, auch wenn das Endergebnis natürlich wenig mit den im Erstentwurf vorgesehenen Loggien (die eh keine rechte Funktion gehabt hätten) zu tun hat. Und es ja auch nicht die Schauseite dieses Gebäudes.;)

  • Da ich nie ein Freund der Stella-Fassade war, muss ich erhlich gestehen, etwas Schadenfreude dabei zu empfinden, dass sich diese Seite des Schlosses als wahre monotone Hässlichkeit entwickeln wird.


    Persönlich hätte ich eine Wiederherstellung des alten Renaissance-Schlosses, also des eigtl. historischen Kerns des Schlosses, bevorzugt. Wäre vermutlich auch die kostengünstigste Variante gewesen. Alternativ hätte ich mir auch eine moderne Fassade mit viel Vision und Anspruch gewünscht. Was nun in Beton gegossen wird, hinterlässt vielleicht endlich mal den richtigen Eindruck, wie in Berlin entschieden wird, und könnte daher ein erster, kleiner Anstoß des Umdenkens sein... vielleicht...

    Einmal editiert, zuletzt von Andi_777 () aus folgendem Grund: Ausdruck geändert

  • Nein; diese Schadenfreude ist völlig unangebracht, in jeder Hinsicht.


    Ich bin von der Wirkung des Humboldtforums bereits jetzt hell begeistert. Es ist sehr mutig, trotz derartig heftigem Gegenwind diese Fassaden handwerklich so erstklassig zu rekonstruieren und mich wundert die Entscheidung (genau wie die zum Landtagsschloss in Potsdam) immer wieder. Es ist einfach großartig, klug und schön, dass man sich dazu durchringen konnte. Es wird sich für Berlin vielfach auszahlen und es ist in dem politischen, architektonischen und öffentlichen Umfeld unserer Tage alles andere als selbstverständlich.


    Und auch die Ostfassade wird in ihrer Monumentalität und Klarheit am Spreekanal zwischen den umstehenden Bauten (dabei meine ich besonders den Dom aber auch den Marstall und das Eckrondell) einen überzeugenden Eindruck hinterlassen. Ein Naturstein wäre mir allerdings auch lieber gewesen (z.B. Muschelkalk oder Sandstein). Ich glaube, dass der Stella-Bau zu einer Ikone werden wird, die so erhalten bleibt. Ein Werkstück für weitere Rekonstruktionen (außer bereits vorgesehene Innenräume) sehe ich hier nicht.


    Man sollte dann lieber das ein oder andere neue Rekonstruktionsprojekt in Berlin angehen, was ich sehr befürworten würde. Wie gesagt: ausgewählte Einzelstücke, die Rekonstruktionskritiker müssen eigentlich gar keine Angst haben.

  • Versteh mich nicht falsch, ich bin auch ein großer Fan des Humboldt-Forums.


    Doch ich hätte mir eine vollständige, korrekte Rekonstruktion des Schlosses gewünscht, inklusive des eigtl. wichtigen historischen Kerns. Oder alternativ gleich etwas ganz anderes.


    Dass das hier ein Kompromiss ohne viel Mut ist, finde ich persönlich unbestreitbar. Genau deshalb hat Stella ja gewonnen.

  • Egal, ob man das Glas als "halb voll" oder "halb leer" sehen möchte, Tatsache ist: es ist nur halb befüllt. Die Reko ist auf der Hälfte stehen geblieben. Das lässt sich nicht wegdiskutieren und ist sowohl aus Sicht von "Moderne des 20. Jahrhundert"-Fetischisten wie auch "Reko-Fans" ein unangenehmer Kompromiss. Aber vielleicht geht das heutzutage nicht mehr anders. Ich tröste mich mit der Sichtweise, dass die Reko-Fassaden als "originalgetreue Mega-Plastiken" sozusagen Teil der Dauerausstellung des Humboldtforum sind. Wenn man das so betrachtet und vom Gedanken, dass es sich hier um eine Reko des Stadtschloss handeln sollte einfach Abschied nimmt, dann kann man gut damit leben. Und die Modernisten, nach deren Geschmack ja in Wahrheit fast die gesamte Baumasse errichtet wird (alles hinter den Fassaden plus Ostfassade), haben nun wahrlich auch kein Grund zur Klage.


    Eins ist es aber halt einfach nicht: die Rekonstruktion des Stadtschloss Berlin. Das war deutlich mehr, als Fassade.

  • Eins ist es aber halt einfach nicht: die Rekonstruktion des Stadtschloss Berlin. Das war deutlich mehr, als Fassade.


    ... Natürlich war das Schloss mehr als Fassade. Es war schliesslich ein über Jahrhunderte hinweg gewachsener Baukörper, vielschichtig, auch stilistisch.
    Das war auch gleichzeitig mit einer der Gründe warum es schier unmöglich war das Schloss zu rekonstruieren. Ein anderer waren die großteils nicht mehr vorhandene Dokumentationen des Inneren, sodass man, auch wenn man die Absicht einer Rekonstruktion gehabt hätte, diese nicht zur Gänze hätte umsetzen können. Es wäre Stückwerk geblieben. Wir wussten alle was auf uns zukommt und somit kann ich mit dem sehr gut leben, auch wenn es einen langen Prozess bei mir selbt bedurfte. Da ich eigentlich ein Verfechter von ganz / oder garnicht, bin. Man wird sehen wie die Ostfassade wirkt wenn sie fertig ist und welchen Einfluss sie dann auch auf die Entwicklung des MEF haben wird.

  • Arbeitszeiten

    Sind Fassadenbauer Beamte?
    Montags geht es nur zögerlich los und Freitag ist Mittags Schluss.
    Haben die Angst zu schnell fertig zu werden? :Nieder:

  • ^
    Oh man...
    Fassadenbauer sind mitunter Montagearbeiter, was bedeutet, dass sie wohl einige Stunden An- und Abfahrt haben.
    Montags später anfangen und Freitags garnicht oder früher weg deutet doch sehr darauf hin.

  • Kleiner Zwischenbericht: "RUM" wurde soeben angebracht!


    Wenn es so flott wie zuletzt weiter geht, sollte in wenigen Stunden und jedenfalls noch heute der gesamte Name HUMBOLDT FORUM an der Ostfassade lesbar sein.

    Einmal editiert, zuletzt von ElleDeBE ()