Humboldt-Forum / Stadtschloss - Der Bauthread

  • Nach deinem Argument müsste man auch auf die Kuppel der Dresdener Frauenkirche einfach mal ein Dachcafé oben draufklatschen ... mit der lapidaren Begründung, dass halt die Aussicht so schön ist.

    Nein, da aus dem "Argument" - ist es überhaupt ein Argument? - keine Verpflichtung abzuleiten ist - weshalb auch? - all überall Restaurants auf Dächern einzurichten - wo kämen wir hin? Wer A sagt, muss hier nicht B sagen. Wohl kaum fordert jemand ähnlich begründend überall Aussichtsplattformen, nur da es welche in Funktürmen gibt.


    Deine Frage ist doch eine rhetorische. Wieso gibt es dort ein Restaurant? Wieso eigentlich nicht?

  • Diese Klassenkämpferquatsch, der sich jetzt Identitätspolitik nennt, ist so krass kleingeistig und ermüdend!

    Ich weiß nicht, welchen "Klassenkämpferquatsch" Du meinst, aber der Klassenbegriff hat herzlich wenig mit dem postmodernen Konzept der Identitätspolitik zu tun. Beide Ansätze liegen ziemlich über Kreuz, ehrlich gesagt.


    Ich weiß auch nicht, worauf Du hinaus willst. Stört Dich das Wort "Beutekunst"? Nun, es ist zu guten Teilen Beutekunst, die im Humboldtforum ausgestellt wird. Und in Berlin ist sie nur infolge einer Geschichte, die sehr viel Blut und Leid und Tod enthält.


    Ich gehöre gewiss nicht zu den Aktivisten, die das ganze Museum deshalb verdammen. Ich glaube auch nicht, dass man durch Rückgaben das Problem auflösen könnte. Es "kleingeistig und ermüdend" zu nennen, wenn man mit der Sache ein Problem hat – das finde ich allerdings zynisch (aber vielleicht habe ich Dich ja missverstanden).

  • Die Frage ist ja auch nicht, ob es ein Restaurant aufm Dach geben sollte, sondern wo genau. Da das Schloss ja symmetrisch ist, hätte man es genauso auf die Seite des Schlossplatztes setzen können. Hieße ja nicht, dass man die andere Seite nicht trotzdem hätte betreten können, um den Blick auf die Linden zu genießen. Vermute mal, wenn man jetzt dort sitzt, versperrt einem eh die Brüstung die Sicht. Aber nun ists eben da...Bringt nichts, zu diskutieren.

  • Ich schließe mich eher der (wieder) leicht aufgeflammten Kritik nach innerer Leere an. Bzw. hege eine stark Vermutung und Hoffnung das diese doch einen größeren Raum einnimmt, wenn das Schloss nun demnächst zugänglich ist und es der Öffentlichkeit erst so richtig verständlich wird, dass hinter der wirklich hübschen Fassade keine prachtvollen Säle, Paradezimmer oder Treppenhäuser dominieren, sondern Rolltreppen und nüchtern gestalteter Raum. Immerhin muss sich man doch eingestehen, dass dieses Potemkinsche Schloss seine Wirkung nicht verfehlt, angesichts dessen wie angesichts einzelner historischer Fassaden die Wiederauferstehung des preußischen heraufbeschworen wird, obwohl 90% des Gebäudes ein modern gehaltenes Kulturforum bleiben.

  • Hier noch zwei ältere Videos von mir:


    Externer Inhalt www.youtube.com
    Inhalte von externen Seiten werden ohne Ihre Zustimmung nicht automatisch geladen und angezeigt.
    Durch die Aktivierung der externen Inhalte erklären Sie sich damit einverstanden, dass personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu haben wir in unserer Datenschutzerklärung zur Verfügung gestellt.


    Externer Inhalt www.youtube.com
    Inhalte von externen Seiten werden ohne Ihre Zustimmung nicht automatisch geladen und angezeigt.
    Durch die Aktivierung der externen Inhalte erklären Sie sich damit einverstanden, dass personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu haben wir in unserer Datenschutzerklärung zur Verfügung gestellt.

  • Gerade ist eine schöne Doku auf 3 Sat erschienen

    Habe mir gerade die Doku angesehen - selbst ist sie wohl ein gutes Zeitzeugnis per se, von der Auseinandersetzung und Versöhnung mit der Realität des gebauten Schlosses. Dieser Bau hat unwahrscheinliche Präsenz und ist als gebauter Kompromiss wohl ein wirklicher Repräsentant deutschen Selbstverständnisses in unserer Zeit. 'Rückwärtsgewandte Architektur' - wirklich? Um das sagen zu können, muß man erstmal wissen, wo vorne ist. Stadträume wiederzugewinnen, erlebbar, lebenswert zu machen, auch Raum für Schönheit und zeitlose Eleganz zu schaffen und zuzulassen, Referenzen zu schaffen, die uns in einer sich schnell verändernden Umgebung ankern, und daher geistige Erholung bieten, all das sind mMn wichtige und zukunftsweisende Aufgaben von Städtebau und Architektur. Wie beim Segeln muß man manchmal kreuzen, treibt ab, legt bei oder lenzt. Um von A nach B zukommen, erleidet man manchmal, wie mit dem PdR, Schiffbruch. Ich wage die These, dass der Mensch Gregor Gysi sich mit dem Schloß arrangieren kann und sich als Berliner freut, der Politiker und DDR-Apologet sich aber (noch) nicht versöhnt zeigen darf.


    Die Auseinandersetzung mit dem Kolonialismus ist wichtig. Sie als schmutzige Fratze des Imperialismus darzustellen und fertig, bagatellisiert sie aber auch. Deutschland hat hier im Vergleich zu den gewesenen Kolonialmächten 'Arabien', Portugal, Spanien, England und Frankreich, und den bestehenden Russland und China, ein 'Problemchen'. Unsere Haltung ist wesentlich konditioniert durch die harte Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus und der Schuld aus zwei Weltkriegen. Es ist wichtig und notwending an die Zeit davor - und ihre Verbrechen - zu erinnern, und dass die Zeit zwischen Berliner Kongress und Verlust der Kolonien nur kurz war, ist keine Entschuldigung. Es liegen aber Welten zwischen der Triebfeder des Welterkenntnisdrangs eines AvH und ihm nachfolgender Forscher, Ethnologen und Sammlern einerseits und dem Dreieckshandel und imperialistischer Aggression andererseits. Es geht mir hier nicht darum zu relativieren, wir sollten aber auch anerkennen, dass es hier anderswo viel tiefgreifenderen und aktuellen Aufarbeitungsbedarf gibt. Zu diesem Thema absolut empfehlenswert ist z.B. Jane Lepores Buch 'These Truths' über die Geschichte der Vereinigten Staaten. Auch hier sind weitere Forschung und neuen Erkenntnisse dringend geboten, um neue Perspektiven zu eröffnen und nicht zuletzt, um die eigenen Denkpausen und Cliches kritisch hinterfragen zu können. Deutschland ist mMn hier bereits ein gutes Stück des Weges voraus. Und den ethnologischen Sammlungen diese Bühne zu bieten, ist für mich eine Geste, die genauso Präsenz hat und entfalten wird, wie der Bau selbst, der sie beherbergt. Ich freue mich über und auf beides sehr.

    Einmal editiert, zuletzt von Cavendish ()

  • .... Camondo, du ziehst ja gerne den Vergleich mit Paris heran. Dann frage ich mal spontan: Gibt es auf dem Dach des Louvre auch ein Dachcafé, welches die Dachlandschaft des Louvre verschandelt?


    P.S.: Ich hoffe, dass ich dieses Mal nicht Äpfel mit Birnen vergleiche.

    ... da musst Du garnicht so weit schweifen, abgesehen davon haben hier schon OlympiaFlo und andere doch festgestellt, dass es wieder Äpel und Birnen sind.

    Ich denke mit dem Reichstagsgebäude ist Dir besser geholfen.

    Sogar 4 historische Fassaden, dafür eine moderne Kuppel und einen modernen Restaurantaufbau der meines Erachtens mit Kubatur, Gestaltung und Sichtbarkeit mit dem auf dem Schloß vergleichbar ist.

  • Es geht nicht um modern oder nicht, sondern um den Standort. Auch ein barock gestaltetes Restaurant wäre störend an dieser Stelle. Die Reichstagskuppel ist auch ne Birne und kein Apfel. Die ist schließlich der makranteste und zentrale Teil dieses Gebäudes und steht nicht irgendwo aufm Dach rum. Der eine Aufbau des Reichstag wird vom Giebel verdeckt, der andere ist nicht auf der Schauseite des Baus.

  • Der schmale Restaurantaufbau wirkt doch etwas sehr streng/kantig, ich wundere mich vor allem über das akzentuierte Raster, ich hätte hier die Verstrebungen gerade nicht optisch abgesetzt, sondern möglichst profilarmes Glas verwendet, um das Ding so unauffällig wie möglich zu machen. Optimalerweise hätte das Restaurant auch eine organische Form in etwa einer liegenden, geöffneten Muschel haben sollen. Mit der Öffnung zum Inneren des Gebäudes. Das hätte wohl auch der UDL Perspektive sehr gut getan. Ich bin mir sicher, dass einer Zaha Hadid hier was eingefallen wäre. Evtl. auch ihrer Nachfolge.

  • Auch macht es einen Unterschied, ob man ein Restaurant auf ein Jahrhunderte altes Gemäuer von Weltrang setzt, oder auf eine Teilrekonstruktion eines Schlosses von eher lokaler Bedeutung.

    Zunächst einmal:
    Ich habe nicht ein Monatsgehalt für diese Schloss-Fassade gespendet, um dann mit solch einer Pommes-Bude auf dem Dach konfrontiert zu werden.
    Bei jedem normalen Wirschafts-Deal wäre soetwas ein Prospekt-Schwindel und würde geahndet.

    Mit etwas gutem Willen aller Beteiligten hätte man das Café auch in der Kuppel unterbringen können.
    Alle Begründungen, dass dies nicht ginge, sind an den Haaren herbei gezogen.

  • Danke, dropdeaded209, auf deinen Aufnahmen des viel kritisierten Ostflügels sieht man recht gut, was mir an Ort und Stelle zuletzt sehr positiv auffiel:

    Dass die sehr plastische Ostwand mit ihren tiefen Gewänden vom Ufer aus wie auf einem erhabenen Natursteinsockel zu thronen scheint. Die, wie der obere Bau selber, monolithisch anmutende Uferwand mit ihren archaisch-streng wirkenden Rampen, schien dem der Wirkung nach 'steinernen' Bau darüber fast die Anmutung einer modernen Interpretation eines Tempels zu geben, was ich vor Ort als materialschön und wirklich eindrucksvoll empfand. Der Bau ist am Ende wohl doch nicht einfach 'modern' zum Selbstzweck, denn er spielt durchaus mit zeitlosen und somit auch historischen Qualitäten in der Architektur.

  • Ich glaube der Vergleich zum hatschepsut Tempel fiel bereits. Die archaische Anmutung teile ich - obwohl ich nach wie vor Anklänge an den harten Klassizismus der Revulotionsarchitektur und die plumpe grobe ungeschlachtheit der 30er Jahre sehe- die Dynamik durch die variierenden Geschosshöhen ist mal eine Wohltat fürs Auge - so was ist echt rar geworden.

  • So viel Bitterkeit? Man muss den Bau nicht mögen und kann das mit dem nachträglichen Einbauen seiner Funktion als Geburtsfehler brandmarken, ist aber sehr selektiv wahrgenommen und insofern unehrlich als dass man die flexible Funktion in der klassischen Moderne feiert. Seinen Gönnern und Liebhabern - Geschmacklosigkeit zu attestieren finde ich mit Verlaub etwas anmaßend. Der Bau konnte weit mehr Resonanz generieren als es jeder andere Neubau in Berlin vermochte und belebt den Austausch und das Beschäftigen mit Architektur. Wirft städtebauliche, kulturhistorische und ästhetische Fragen auf, die man lange nicht mehr gestellt hat. Die Resonanz und Rezeption ist breiter und vielfältiger als es bei jeder xbeliebigen Architektendose seit 1990 gewesen ist. Freuen Sie sich doch einfach an der Wiederbelebung von verlorengeglaubten Gewerken aus klassischer Steinmetz und Bildhauerkunst, an einer Ahnung von Schönem Städtischen Raum dem man sich an dieser Stelle nähert und an der Trotzigkeit einer romantischen Idee gegen das Schulmeisterliche und rationalistisch Verhärtete. Nachtrag: Der Kommentar bezog sich auf eine wertende Meinung zum HF - diese scheint entfernt worden zu sein.

    Einmal editiert, zuletzt von Endell ()

  • Ich schließe mich der FAZ an. Das Gebäude in Berlin, dass am ehesten abgerissen gehört ist das Humboldt Forum. Im Gegensatz zur FAZ bin jedoch schon seit mehr als 5 Jahren der Meinung. Allein bei der Vorstellung, dass in Zukunft an dem ästhetisch durchgequirlten HF-Objekt auch noch das verkorkste Einheitsdenkmal stehen wird dreht einem den Magen um.


    Niklas Maak: Bitte entfernen!

  • Aha eine Meinungsglosse die sich über das Entfernen Schlosskritischer Berichterstattung und Mängel im Nutzungskonzept äußert soll mir nun Verständnis für den radikalen Unmut der Schlossgegner nahebringen. Diese ewige Wiederholung von der reaktionären, rückwärtsgewandten Collage - die Gewohnheit mit der dies in seiner Verknappung vorgetragen wird läst mich an der Lauterkeit und einer ernstzunehmenden Auseinandersetzung zweifeln. Die Anwürfe mit der man die vormoderne Architekturauffassung zu steinigen sucht - kommt gerade aus der epigonalen Ecke ihrer überlieferten Erben deren Architekturauffassung mittlerweile in Brauchtum verlandet. Das einst Progressive ist längst selbst nur mehr einstudierte Wiederholung. Eine Sackgasse der Reduktion und der ästhetischen Verarmung, der weitestgehenden Loslösung der Architektur von Handwerk und bildenden Künsten. Eine Auffassung die Wohnmaschinen gebar und massenmotorisierte Satellitenstädte. Die dem Menschen ihr natürliches Recht auf Raum und Entfaltung In seiner Individualität zurechtgestutzt anteilig zuwies. Die Moderne stellt sich längst reflektierter und vielseitiger Dar als sie Annehmen. Stellt sich den Fragen der Zeit, Bedürfnissen des Individuums und den Erfordernissen Lebenswerter Biotope. Wenn sie sich über drei gefällige Fassaden so ereifern können, verkennen oder leugnen sie die Eigenart der menschlichen Natur den Spieltrieb und die Schaulust. Ich sehe hier eher eine ansprechende Vedute als einen hohlen Zweckraum und in einem geforderten Abriss nichts weiter als eine engherzige egozentrische Bilderstürmerei aus einer bockigen Reaktion heraus.

    5 Mal editiert, zuletzt von Endell ()

  • Ich schließe mich eher der (wieder) leicht aufgeflammten Kritik nach innerer Leeran. Bzw. hege eine stark Vermutung und Hoffnung das diese doch einen größeren Raum einnimmt, wenn das Schloss nun demnächst zugänglich ist und es der Öffentlichkeit erst so richtig verständlich wird, dass hinter der wirklich hübschen Fassade keine prachtvollen Säle, Paradezimmer oder Treppenhäuser dominieren, sondern Rolltreppen und nüchtern gestalteter Raum. Immerhin muss sich man doch eingestehen, dass dieses Potemkinsche Schloss seine Wirkung nicht verfehlt, angesichts dessen wie angesichts einzelner historischer Fassaden die Wiederauferstehung des preußischen heraufbeschworen wird, obwohl 90% des Gebäudes ein modern gehaltenes Kulturforum bleiben.

    was soll denn das Aufflammen der Kritik deinem Willen nach bewirken, wo wird die Auferstehung des preußischen beschworen? Mal abgesehen von dem Umstand dass das nicht mehr existente Staatsgebilde in die Mythik entschwunden ist. Was ist den das preußische ? - Die innere Leere wird doch gefüllt mit Exponaten die unser ganzes Interesse und ein gewisses Maß an Gelehrsamkeit und Aufmerksamkeit erfordern das ist doch Wesen eines Museums. Ich geh ja auch nicht in die alte Nationalgalerie um mich dann von einer Petersburger Hängung überrollen zu lassen Weil es historisch so gehandhabt wurde. Die dissonanz zwischen innen und außen des Gebäudes ist kein ungewöhnlicher Umstand und existiert vor allem durch Kriegseinwirkung bei einer Vielzahl von Museumsbauten. Die Museumsinsel ist einen Steinwurf entfernt da kann man die Hybride aus alt und neu geballt erleben. Das Raumprogramm lässt teilweise rekonstruierte räume zu, die Gigantentreppe als bedeutender Teil der barocken Inszenierung wird durch spendenfinanzierung angestrebt. Für den Ausstellungsteil, dessen Innenarchitektur und Design sind die Beteiligten Museumsfachleute mitverantwortlich die die Darstellung der Exponate organisieren - ich verstehe diese Kritik nicht und sie nimmt sich für mich ziemlich fadenscheinig und dürftig aus.

    Einmal editiert, zuletzt von Endell ()