Humboldt-Forum / Stadtschloss - Der Bauthread

  • "Ein System, in dem nicht die Bürger bestimmen, was gebaut wird" :P:cursing:
    Aber bezahlen darf er?
    Tja - Finde den Fehler! :/

    Ich bin nicht vom Fach, also korrigiert mich bitte. Ist es nicht so, dass die "Richtlinie für Planungswettbewerbe“ für Maßnahmen des Bundes und der meisten Länder verbindlich ist? Diese besagt, dass die Beurteilung der eingereichten Arbeiten durch ein kompetentes Preisgericht vorgeschrieben ist, was ich als absolut sinnvoll erachte. Es handelt sich hier schließlich nicht um ein Einfamilienhaus in Teltow. Und letztendlich wird der "Bürger" vom Bund als Bauherren vertreten. Die Vorgaben des Wettbewerbs waren doch eindeutig und klar definiert. Ich würde jetzt einfach mal das Endergebnis abwarten.

  • "Ein System, in dem nicht die Bürger bestimmen, was gebaut wird" :P:cursing:
    Aber bezahlen darf er?
    Tja - Finde den Fehler! :/

    Und wer die Bürger sind, bestimmt der Prüffall. Richtig?


    Warum nicht mal abwarten bis das Umfeld vollends fertiggestellt ist? Wenn es dann Verbesserung bedarf, dann kann man da ja immer noch nachjustieren.

    Einmal editiert, zuletzt von DerBe ()

  • Der machmal hoch gepriesene 'Bürger' redet ja tatsächlich oft auch einen üblen Schmarrn. Wenn ich mir auf RBB die vox populi reinziehe, kriege ich oft einen zu viel. Egal was gebaut wird und egal welche sinnvolle Stadtreparatur stattfindet, heißt es dann immer: Alles wird zubetoniert, lieber ein paar Bäume. Kein politisch warm gehaltenes Feindbild ist zu blöd und absurd, um nicht durch den beeinflussten 'Bürger' - egal welcher Couleur - reflexhaft auf alles projiziert zu werden.


    Ich bin ja selbst gar kein Freund von verkopft-spröder Stadtraumgestaltung, wie etwa am Spittelmarkt mit seinen idiotisch versprenkelten giftgrünen Bänken. Und auch ich erfreue mich zeitloser Stadtmöblierung, wie man sie etwa in Frankreich oft findet. Aber wenn 'der Bürger' jetzt am Humboldt-Forum das Sagen bekäme, dann gibt's plötzlich vielleicht keine Zufahrten mehr für die Feuerwehr, dann werden Stadtplanung und Stadträume schnell nicht mehr lesbar, weil sie vom gestaltenen Büger konterkarriert, weil sie oft nicht verstanden wurden (o.ä.).

  • Der machmal hoch gepriesene 'Bürger' redet ja tatsächlich oft auch einen üblen Schmarrn.

    Ja, leider.
    Aber RBB-Straßeninterviews sind schon noch etwas anderes (und am Schneidetisch manipulierbarer) als eine nach schweizer Vorbild durchgeführte Abstimmung der Bürger.
    M.E. wird auch zu oft vergessen, dass der Souverän dieser Republik der Bürger ist und erst in zweiter Linie die gewählten Volksvertreter.
    Und erst dann kommen die von den Volksvertretern berufenen Fachleute und Gremien.

    Und richtig: der Schuss kann nach hinten losgehen und die Lösung a la Regula Lüscher-Gmür wäre noch der geringere Schaden.

    Aber für mich gilt die Maxime: "Die Stadt muß den Bürgern gefallen, nicht den Architekten"! :saint:;)

  • Bei der Härte der Diskussion könnte man meinen ein Ufo sei auf der Museumsinsel gelandet. Was ist aber wirklich passiert? Das Humboldforum hat zunächst einmal geschätzte 8000 qm BAROCKfassade zurückgebracht!


    Die einzigen Elemente der Moderne sind die James Simon Galerie und die Stella Ostfassade. (Staatsratsgebäude mal ausgeklammert).

    Und diese Elemente sind in einem meiner Meinung nach fast archaischen bzw. klassischen (JSG) Baustil ausgeführt.


    Ich kann hier keine Extreme der Moderne sehen, die die Menschen abstoßen sollte (aus welchem Grund auch immer)


    Off topic: Die Wortwahl "degeneriert" setze ich fast "entartet" gleich und finde sie sehr unpassend!

  • Gar nicht mal so Off-Topic... Das Einschleppen von mehr oder weniger deutlicher, sagen wir mal 30er-Jahre-Rhetorik spielt doch im hier Thread längst die Hauptrolle und darf meiner Meinung nach auch gerne entsprechend abgearbeitet werden.


    Und von Stimmen die hier tönen, eine Stadt müsse den Bürgern gefallen und dies und das müsse SCHÖN sein bin ich mich ehrlich gesagt als architekturinteressierter Bürger, der die Stella-Fassade schön findet und sich schon über manche Reko gefreut hat, gelinde gesagt etwas irritiert.


  • Aber für mich gilt die Maxime: "Die Stadt muß den Bürgern gefallen, nicht den Architekten"! :saint:;)

    Da sehen wir wieder die Feindbilder. Abgesehen davon, ist die Architektursprache von Architekten heute ebenfalls sehr divers und sollte nicht über einen Kamm geschert werden. Bist Du eigentlich mal mit dieser Aussage im Kopf durch deutsche Städte und Gemeinden gegangen? Fahr doch mal nach "Hintertupfingen", da siehst Du fast ausschließlich Architektur, die vom Bürger gestaltet wurde.


    Die Mehrzahl unserer gebauten Umwelt wird heute durch Investoren, Fertighaushersteller und "Häuslebauer" direkt oder indirekt gestaltet. Was Architekten direkt gestalten, sieht man in Wettbewerbsverfahren. Architektur ist in erster Linie Rendite und Konsumgut geworden.


    Wie TwistedRoad schon sagte, in den letzten Jahren hat sich die Spreeinsel sehr positiv entwickelt - bis auf den Schinkelplatz mit den mehrfach duplizierten Investorenkisten. Zudem sollte man die vielen gelungenen Sanierungen, auch nicht außer Acht lassen - die das größte Investitionsvolumen ausmachen und nicht von Bürgern, oder Investoren saniert wurden. Wenn man das heutige "Mitte", mit dem nach der Wiedervereinigung vergleicht, kann man doch eigentlich nur froh sein.

  • Lassen wir doch das Ding erstmal stehen und wirken, ist ja nicht mehr lang bis zur Eröffnung. Wenn alles fertig ist und wir einen kompletten Eindruck vom Schlossumfeld haben, können wir die Kritik doch viel gezielter formulieren und vielleicht ein wenig das ideologische Terrain verlassen, von dessen fernen Ufern sich hier teilweise zugerufen wird.


    Ich denke wir sind uns alle einig, dass das Schlossumfeld ein Ort zum verweilen sein soll, ein Ort an dem man flanieren, reüssieren, schwelgen, gedenken, lernen und auch einen Kaffee trinken kann. Es soll eben alle ansprechen, die Berliner, die Wilhelm Fans, die Ossis, die Wessis, die Historiker, die Kritiker, die Touristen und die Aussteller. Das ist ein durchaus anspruchsvolles Vorhaben. Im diesen Sinne kann man auch durchaus kritisch sein und ich finde die Forderungen nach Rückkehr der Rösser, Neptunbrunnen usw. im Kern berechtigt und konsequent, aber ich sehe auch, dass es Zeit braucht bis sich das Schloss in Berlin aklimatisiert hat.

    - bis auf den Schinkelplatz mit den mehrfach duplizierten Investorenkisten.

    ..die mehrfach duplizierten Investorenkisten, die aus irgendeinem Grund einfach so von der Stadt durchgewunken wurden, obwohl anderen Ortes durchaus zweimal hingeschaut- und auch nachgefordert wird. Es gehören schon zwei Seiten dazu.

  • Interessant ist folgende Wahrnehmung von Hendrik Brinkmann in der Ausgabe 02/19 von kunst und kirche. Dort kommt er zu dem Schluss, dass das das Humboldt-Forum heute wieder als signifikantes Element der Stadt wahrgenommen wird, es jedoch einer "rekonstruierten" Fassade nicht benötigt hätte. Das finde ich interessant. Wir müssten uns dieses Element der Stadtgestaltung nun nur noch mit anderer Fassade vorstellen.

  • ^

    Halt ich für Blödsinn. Wie stellt sich Herr Brinkmann denn bitte ein Humbold-Forum ohne Reko vor, dass er zu so einer Einschätzung kommt?

    Da könnte bei der Kubatur des Gebäudes doch nur ein besseres Einkaufszentrum bei rum kommen. Ein extravaganter, skulpturaler, modernerer Bau a la Hadid ö.Ä. würde sich mit dem historischen Umfeld beißen, also bleibt eigtl. optisch nur irgendwas zwischen Einkaufszentrum und Ministerium. Furchtbar.

  • < versuche Dir ein Karstadt am Hermannplatz vor seiner Zerstörung, an der Stelle des Humboldt Forums vorzustellen ...

    es funktioniert. Mit den zwei Türmen optisch sogar noch besser als mit der mittelastigen Kuppel jetzt.

  • Ja, das war ein städtebaulicher Wettbewerb. Es gab keine Aussage zu etwaiger Architektur. Darüber hinaus hat dieser Wettbewerb überhaupt erstmal die Kubatur des Schosses als Neubau festgelegt. Daraus ist dann das Humboldt Forum mit den Schlossfassaden geworden.


    Einen architektonischen Wettbewerb zu einer modernen Alternative hat es nie gegeben, auch wenn oft das Gegenteil nahe gelegt wird.

  • Interessant ist folgende Wahrnehmung von Hendrik Brinkmann in der Ausgabe 02/19 von kunst und kirche. Dort kommt er zu dem Schluss, dass das das Humboldt-Forum heute wieder als signifikantes Element der Stadt wahrgenommen wird, es jedoch einer "rekonstruierten" Fassade nicht benötigt hätte.


    Es ist genau umgekehrt.


    Das HF ist kein Machtzentrum mit Kaiser mehr, hat also funktional keine herausgehobene Bedeutung mehr. Auch als Baukörper kann das HF nicht mehr punkten. Warum ? Ganz einfach: Heute dominiert stadtweit der Fernsehturm das Zentrum um den Alex. Das HF kann höhenmäßig nicht mehr in der Berliner Innenstadt Silhouette signifikant herausstechen.


    Einzig als Rekobau im Kontext der näheren friederizianischen Umgebung Unter den Linden macht der Bau mit seiner klassizistischen Fassade Sinn.

  • Tomov

    Du hast natürlich recht. Es war ein städtebaulicher Ideenwettbewerb. Allerdings gab es zum 1.Preis auch Grundrisse mit der angedachten kulturellen Nutzung und auch Ansichten. Der 1.Preis sah bewusst nur die Wiederherstellung der Kubatur vor - dessen Längsseiten und Hofzugänge, wären mit den Schlossfassaden unvereinbar gewesen.


    Der 2.Preis hat hingegen deutlich die Teilrekonstruktion des Schlosses aufgezeigt, der 4. Preis (Oswald Mathias Ungers) hat den PdR in einer Art invertierten Volumina der Eosandererweiterung integriert. Es gab also klare Aussagen zum Erhalt des PdR und zur Rekonstruktion des Schlosses.
    Erst danach kursierten zahlreiche nicht unbedingt konkretere Architekturentwürfe (Tagesspiegel 1997 mit Kollhoff, Krier, Foster, Sauerbruch, Braunfels, etc.)


    Wenn man sich aber all diese Entwürfe anschaut, wird doch deutlich, dass alle Arbeiten das Umfeld städtebaulich mitbetrachtet und Visionen entwickelt haben. Beim Schlosswettbewerb 2008 fehlte dieser immanente Teil einfach. Man sollte also jetzt nicht den Fehler machen und sich mit den Status Quo zufrieden geben, um potentielle Entwicklungsbereiche wie das MEF, Fischerinsel, Alexanderplatz, generelle Verkehrsplanung, in ferner Zukunft insoliert zu beplanen.



    Arty Deco

    Der Fernsehturm dominiert als Höhenmarke die Stadtsilhouette - er dominiert aber räumlich gesehen weder die Stadtmitte, noch schafft er überhaupt "Raum" , indem er irgendetwas dominieren könnte. Diese Wahrnehmung wird vielmehr durch die Randbebauung aus Rathauspassagen und Karl-Liebknecht-Straße erzeugt.

  • Und wer die Bürger sind, bestimmt der Prüffall. Richtig?


    Mhm - Das Wettbewerbs- und Vergaberecht ist seit Jahrzehnten etabliert und parlamentarisch verabschiedet worden (Parlament als Volksvertretung). Dieses Parlament hat die Reproduktion der Stadtschlossfassaden beim Neubau des Humboldtforums beschlossen (leider!) und eben das Wettbewerbsrecht. Warum das Erste nicht kritisiert wird, sondern nur das Zweite? Weil "der" Bürger sich eben selektiv und interessensgesteuert gegenüber Parlamentsbeschlüssen verhält - mit den einen zufrieden ist und die anderen zerreißt. Das kann "der" Bürger auch individuell gerne machen - aber dann bitte keine Verschwörung hinter jedem Beschluss vermuten, der einem nicht passt... - Ich vermute ja auch keine Verschwörung hinter dem Reko-Beschluss und nehme ihn hin. Meine persönliche Meinung stimmt nicht mit ihm überein - aber das gibt es häufiger im Leben. Schwierig ist, wenn Einzelmeinungen oder Meinungen bestimmter (Teil-) Gruppen als Meinung DER Bürger verkauft werden sollen - oder sogar als "Volkswille". Damit schließt man alle implizit aus der Bevölkerung aus, die nicht der eigenen Meinung sind - eine Unsitte. Man muss damit klarkommen, dass es Befürworter der Stadtschlossreko gibt, genauso wie deren Gegner. Genauso muss man damit klarkommen, dass es Rekofreunde des Umfelds gibt und deren Gegner - beim Einen haben sich die EInen durchgesetzt, beim Anderen die Anderen. Das hat auch rechtliche Gründe, da der Bundestag nicht einfach beschließen konnte, auch das Humboldtforumumfeld einfach zu rekonstruieren, weil er (weitgehend) nicht der Eigentümer der Fächen ist und das Land Berlin eben ein Wettbewerb zur Freiflächengestaltung ausgelobt hat - was dann eine Rechtsbindung und Urheberschutz für den Entwurf nach sich zieht. - Ich persönlich finde, dass der Entwurf von bbz schön den Zustand um 1850 aufgreift... - also daher historische Bezüge zur Gaertnerzeit (Maler) aufweist...

  • Auch ich sage: "Hmmm...!" :)
    Ich glaube, dass ich schlicht überinterpretiert wurde.

    Was ich bei dem Bürgerentscheid meinte, war durchaus eine gundlegende Ausarbeitung durch Fachleute, nicht die Eigenheim-Sehnsucht der Häuslebauer an der Perepherie Berlins oder gar in der schwäbischen Provinz als Entscheidungsgrundlage. :saint:

    Die Entscheidung zu Gunsten des Stella-Entwurfs wäre ja auch bei einem Bürgerentscheid chancenreich gewesen, Tchoban und viele andere sicherlich auch.
    Aber hier geht´s ja um die Außenanlagen.
    Und da hätte ich mir einen Bürgerentscheid über Neptun-Brunnen, Hochbeete mit Balustraden, Gestaltung der Fläche des ehemaligen Apothekerflügels gewünscht - und auch die Entscheidung dann akzeptiert, wenn ich sie persönlich nicht so prickelnd empfunden hätte.

    Was soll´s? Expertenentscheid überstimmt Bürgermeinung - damit kann man / ich leben... :/ :rolleyes:

  • Gerade beim Neptunbrunnen sehe ich keine Mehrheit für eine Umsetzung.

    Der Standort auf dem Rathausforum ist ikonisch. Neben dem Schloss wäre er an den Rand gedrängt und könnte auch aufgrund der Straße seine Wirkung nicht entfalten.


    Was den restlichen Zierrat angeht glaube ich mehr an finanzielle Hintergründe als an eine Verschwörung von 'Traditionsfeinden'.

    Auch hier glaube ich nicht, dass sich ein Volksentscheid für mehr Deko für das Schloss aussprechen würde, das will ja auch alles bezahlt werden.

  • Ich verstehe diejenigen, die den Neptunbrunnen am jetzigen Standort behalten möchten, einfach weil er dort mittlerweile so lange steht wie er vor dem Schloss gestanden hat.


    Andererseits würde ich diesen Brunnen nicht x beliebige "Deko" nennen wollen, er wurde halt speziell für die Fassade des Schlosses gemacht ( nicht für eine 60er Jahre Architektur und auch nicht für ein der Neorenaissance angelehntes Rathaus). Barock und Wasser, das gehört natürlich auch zusammen. Bloss, wie sieht eine salomonische Entscheidung aus?


    Notwendig wäre hier evtl. dass als ersten Schritt erstmal auch ein ERSATZ und Alternative gefunden werden müsste, um eine offene Diskussion zu ermöglichen, der Platz vor dem Rathaus sollte ja nicht leer bleiben! Dafür gibt es aber derzeit keine Zeichen....

  • < Ausserdem, und so habe ich aus den Diskussionen der letzten Jahre entnommen, wäre es garnicht möglich genau diesen Brunnen an den alten Standort zu versetzen, da dieser im Zuge des Aufbaus vor dem Roten Rathaus vergrössert wurde. Es wäre also nur eine weitere Kopie in Originalgrösse am alten Standort möglich. Das wäre für meinen Geschmack auch eine Kopie zuviel.