Mehr Dichte, mehr Urbanität

  • Allerdings war sie mir - abseits der Architekturdebatte - etwas zu wenig selbstkritisch. Vor allem auch, was die baulichen Qualitäten der städtischen Wohnungsbaugesellschaften angeht.


    Überrascht hat mich allerdings das klare Bekenntnis zur Verdichtung.

  • Ich hab jetzt leider nicht den kpl. Report angehört. Was meint sie denn zu Hochhäusern?
    Finde es sehr interessant dass sie an manchen Punkten gerne "experimentierfreudiger" wäre. NA DANN MAL SEHN!
    Aber stimmt schon, wenn man fast sein ganzes Budget für den Grund ausgeben muss bleibt für Architektur wenig übrig. Zumal es auch so gut zu verkaufen ist...

  • Zu Hochhäusern meinte sie, es gäbe seit 6 Jahren keine Anfragen. Doch sie würde sich an der ein oder anderen Stelle ein Hochhaus wünschen.
    Da wäre sie auch sehr offen dafür.
    Finde diese Einstellung sehr gut von ihr, dass sie auch welche möchte, doch leider gibt's keine Anfragen.
    Ich denke auch nach fast 10 Jahren ist der Bürgerendscheit immer noch, auf Hochhäusern bezogen sehr zu spüren.
    Nicht nur wegen der Höhe, auch wenn man sich umsieht es wurden doch bis jetzt fast keine Hochhäuser gebaut.
    Vielleicht das ADAC Hochhaus und der SkylineTower, doch ansonsten ist doch nichts gebaut worden und diese Wohnhochhausstumpen sind ja nicht als Hochhäuser zu bezeichnen.
    Schwierig meiner Meinung nach, das die nächsten Jahre irgend welche höheren Gebäude entstehn. Ich hoffe nur sehr, das sich endlich was am Bogenhausener Tor tut. Dort entstehe vielleicht dann mal annähernd ein etwas höheres Haus mit 88 Metern. Doch für höhere Gebäude über 100 Metern denke ich, wird sich die nächsten Jahre nicht viel tun.

  • Unsere Stadtbauräting war gestern bei BR Alpha im Interview. Darin ging es um Verdichtung, Architektur, Stadtplanung, Hochhäuser, das München-Modell und vieles andere.


    http://www.br.de/mediathek/vid…orum/alpha-forum-274.html


    zu der Frage wie es zu der aktuellen Situation bezüglich Wohnraummangel kommen konnte, meint sie nur es ist ja klar, die Leute leben heute statt auf 25qm auf 42qm, die Bevölkerung wird älter und es gibt Zuzug. Schön, das wissen wir alle, es wird mehr Platz gebraucht. Die Antwort auf die Frage warum nicht ausreichend Baugrund zur Wohnbebauung ausgewiesen wird bleibt sie uns aber schuldig. Wenn es so klar ist, dass mehr Wohnraum benötigt wird, warum wird dann nicht entsprechend gehandelt?
    Die Höhe ist dann die Aussage bezüglich Freiham, dass man da seit den 60er Jahren plant und inzwischen 2013 eine S-Bahnstation errichtet hat. :cool: Das läuft ja bestens, Applaus dafür, das nenn ich mal Rekordzeit! 2030 soll Freiham dann auch schon fertiggestellt sein.:master:
    Dann können wir uns ja in etwa ausrechnen wie lange es noch dauert bis östlich der Airport Linie etwas passiert.

  • Der Hintergrund war damals in den 60igern, dass man eine Entlastungsstadt bauen wollte. Freiham war in der Diskussion, Neuperlach ist es damals geworden.

  • Naja, mann mus halt langsam aus dem Kohlschen Lehnsessel raus, man hat sich zu sehr daran gewöhnt dass alles so perfekt sit, dass sich nichts mehr ändern braucht, und bekäämpft dann überall alles neue.
    Ob es ein Hochhaus über 100m sein muss, oder ob es mehr bringt, eine ganze Häuserzeile von 4 Geschossen auf 10-12 Geschosse zu bringen, sei dahingestellt - tatsache ist, bei Zuzg und steigenden Flächen je Person muss sich der Gebäudebestand wandeln, insbesondere wenn man nicht unendlich in die Fläche wachsen und damit unendlich Verkehr erzeugen will.
    Bei den Hochhäusern scheint man Mikado zu soielen - die sadt schlägt nichts vor, um nicht in der Öffentlichkeit zerrissen zu werden, und die Investoren planen nichts, wenn nicht schon bekannt ist, dass die Stadt dort Hochhäuser akzeptieren würde und ein breites Kreuz gegen die allfälligen NIMBY--Proteste machen wird.

  • Der Hintergrund war damals in den 60igern, dass man eine Entlastungsstadt bauen wollte. Freiham war in der Diskussion, Neuperlach ist es damals geworden.


    ist ja in Ordnung, trotzdem muss man dann nicht 40 Jahre warten, man hätte den Baubeginn Freiham auch im Jahre 2000 starten können..

  • Freilich muss man nicht warten.
    Man kann aber warten um die Bevölkerung, die Stagnation gewöhnt ist, nicht mit zu schnellen
    Veränderungen des Umfeldes zu überfordern. Man baut ja jetzt immer noch nicht.

  • So, was ist jetzt mit:


    Der Verdichtung der Ludwigsvorstadt,
    Der Aufstockung entlang des Altstadtringes,
    Der generellen Aufstockung vieler Wohnbauten ?


    Hierzu wurde doch Jahre lang drüber siniert, plädiert, diskutiert !?!?

  • Eine Nachverdichtung ist in der Realität sehr schwer umzusetzen und scheitert oft an Problemen wie:
    - Baumschutz
    - Feuerwehranfahrt
    - Statik bei Aufstockung
    - Anwohnerproteste


    Viel einfacher kann man eine hohe Dichte erreichen, wenn Neubaugebiete schon von Anfang an entsprechend plant. Hier hat man etwa an der Bahnachse eine historische Chance verpasst.



    Gerade auch was das Bahnhofsviertel sowie eigentlich die ganze Innenstadt angeht sind die letzten Bauten eher wieder sehr enttäuschend. Hier wird die Baumasse maximal 1 zu 1 ausgetauscht. Mehr Stockwerke und höhere Gebäude scheinen nicht machbar zu sein.

  • Hallo@Isek,


    Wieso nicht machbar ?


    Woran scheitert´s bis jetzt ?


    - Fehlende Nachfrage
    - Belastbarkeit des Baugrundes
    - Unrentable Bauweise
    - Mangelnde Infrastruktur
    - Aufzugstechnik
    - Rettungswege


    Oder andere Dinge ?

  • Die Frage ist doch nicht nur, was ist machbar, sondern auch, was ist wünschenwert. Dabei geht es um die sog. "gesunden Wohn- und Arbeitsverhältnisse", aber auch städtebauliche Proportionen, also die Gebäudehöhe im Verhältnis zur Straßenbreite.


    Nachverdichtung rsp. Dichte der Bebauung geht über die überbaute Grundstückfläche, ausgedrückt in der Grundflächenzahl (GRZ) und der auf der bebauten Fläche übereinandergetürmten Geschossfläche (ausgedrückt in der Geschossflächenzahl (GFZ) und die Zahl der Vollgeschosse.
    Was im baulichen Bestand seltener geht, ist die gesteigerte Überbauung, also die Erhöhung der GRZ. Meistens geht nur die Aufstockung, also Erhöhung der GFZ. Unabhängig von der Frage, was bautechnisch oder baurechtlich ginge, ist ja erst mal die Frage zu klären, was man will, d.h. ob eine Nachverdichtung und ggf. bis zu welchem Maß überhaupt wünschenwert ist.
    Und dann ist ja auch noch die Frage, ob man durch Nachverdichtung wirklich die Zahl der Wohnungen erhöht oder nicht lediglich die Wohnfläche pro Wohnung erhöht.


    Ich denke, es gab gute Gründe, von der starken Verdichtung, wie sie im wilhelminischen Städtebau praktiziert wurde, abzurücken. Verhältnisse wie in Barcelona z.B. hielte ich nicht für wünschenwert. Sehr urban, zweifellos, aber auch gut und richtig? (München: 1,3 Mio € auf 310 km² = ca. 4500 EW/km²; Barcelona: 1,6 Mio EW auf 101 km² = ca. 15.900 EW/km²); die Verdichtung von München ist für deutsche Verhältnisse schon ein Spitzenwert.

  • Hallo@Isek,
    Wieso nicht machbar ?
    Woran scheitert´s bis jetzt ?



    - Fehlende Nachfrage


    Sicher nicht, jedoch ist das Geschäft mit dem Bau niedriger Dichte im Luxussegment, was ja etwa 70 % des Gesamtumsatzes in München ausmacht immer noch lukrativ. Am liebsten wäre einem Investor reine unbewohnte möglichst wenige Wohnungen, die zu Höchstpreisen verkauft werden. Dann braucht es auch wenig gewinnschmälernde Infrastruktur (von anteiligen Kosten zur Kita bis zu den obligatorischen 30 % Sozialwohnungen).




    - Belastbarkeit des Baugrundes


    Nein. Der Baugrund ist in München nahezu optimal!




    - Unrentable Bauweise


    Ja, in Deutschland wird Dichte und Höhe überproportional stark mit teuren Auflagen und sicherzustellende Maßnahmen bestraft (insbesondere Brandschutz). Hier sollte man einen Blick etwa in die Niederlande werfen und die gesetzlichen Vorgaben mehr oder weniger kopieren.




    - Mangelnde Infrastruktur


    Ja, die Stadt München wird als eigener Bauherr seinen Pflichten nur beschränkt gerecht. Es ist in München die Regel, dass die maximale Anzahl an Wohnungen nicht aus der Grundstücksgröße, Finanzkraft oder Nachfrage folgt, sondern sich nach dem Angebot an Kita- oder Grundschulplätzen richtet. Auch die verkehrliche Erschließung hinkt meist der möglichen Dichte hinterher (siehe etwa Freiham oder Paul-Gerhard-Allee).




    - Aufzugstechnik


    Nein, die ist international schon auf sehr hohem Stand. Aufzüge sind ja mittlerweile schon in jedem 2-geschoßigen Neubau. Der Aufzug wird anteilig sogar billiger umso mehr Etagen man anbindet.




    - Rettungswege


    Ja, wie schon gesagt ein primärer Hemmschuh der Nachverdichtung. Auflagen zum Brandschutz sind in Deutschland extrem komplex und kaum mit anderen Ländern vergleichbar.

  • Ich denke, es gab gute Gründe, von der starken Verdichtung, wie sie im wilhelminischen Städtebau praktiziert wurde, abzurücken. Verhältnisse wie in Barcelona z.B. hielte ich nicht für wünschenwert. Sehr urban, zweifellos, aber auch gut und richtig? (München: 1,3 Mio € auf 310 km² = ca. 4500 EW/km²; Barcelona: 1,6 Mio EW auf 101 km² = ca. 15.900 EW/km²); die Verdichtung von München ist für deutsche Verhältnisse schon ein Spitzenwert.


    Sind nicht gerade die dichten Viertel mit über 10.000 Ew/qkm die beliebtesten Deutschlands? Ich sehe nicht, dass sich Menschen in Schwabing oder im Prenzlberg unwohl fühlen. Vielmehr wohnen die gerade wegen der Dichte dort. Wenn einer ein Gartenstadt-Leben sucht findet es an genügend Plätzen - auch in München. Das Problem ist, dass sich viele Menschen nach 70 Jahren Suburbanisierung wieder nach Stadt sehnen. In Deutschland mangelt es nicht an Wohnraum in der Vorstadt oder in lockeren Gartenstädten - es mangelt an urbanem Wohnraum in Vierteln mit über 10.000 Ew/qkm!


    Im Übrigen ist gerade der Vergleich zu Barcelona objektiv nicht wirklich sauber, da Barcelona de facto eine > 3 Millionen Stadt auf natürlich viel größerer Fläche ist! Verglichen mit dem 100 qkm BCN müsste das Stadtgebiet Münchens am Mittlerem-Ring enden.

  • Isek: Ich habe mich bei dem Barcelona-Vergleich an die kommunalen Grenzen gehalten.


    Ich bin mir nicht sicher, ob deine These stimmt, gerade die dichtesten Viertel seien die beliebtesten. Das Auswahlkriterium dürfte insoweit weniger die Dichte als der Flair sein. Es sind die Altbauviertel, die besonders beliebt sind, und die sind nun mal dicht. Eine ebenso intensiv genutzte Hochhaussiedlung aus den 70ern dürfte demgegenüber weniger beliebt sein, wenn nicht sogar ein Leerstandsproblem haben. Der Berliner Ortsteil Hellersdorf (nicht der Bezirk) ist mit über 9.500 EW/km² fast doppelt so dicht bewohnt wie München, aber ist Hellersdorf deshalb beliebt?


    Außerdem ist die Nachverdichtung nur ein Aspekt des Wachstums. Der Münchener ÖPNV soll, nach dem was ich so lese, streckenweise schon am Rande seiner Kapazität operieren. Ist unter diesem Aspekt weitere Verdichtung wirklich sinnvoll? Dasselbe gilt für die übrige Infrastruktur. Im Zusammenhang mit der enormen Nachfrage nach Wohnraum in den schon sehr dichten Vierteln ist festzustellen, dass der Anteil der 1-Personen-Haushalte ansteigt. Er beträgt in Frankfurt schon mehr als 55% aller Haushalte. Die unreflektierte bauliche Verdichtung ist unausgewogen und deshalb zum Teil fragwürdig.


    In Frankfurt spüren wir gerade die Folgen des Zuzugs von per Saldo ca. 150 Personen pro Woche. Erstmals seit Jahrzehnten können im Westend nicht mehr alle Erstklässer des Schulbezirks in der Grundschule untergebracht werden. Eine vierte Klasse ist nötig in einer an sich 3-zügigen Schule. Folge; Container auf dem Schulhof oder geteilte Schule in angemieteten Räumen. Ähnliche Kapazitätsengpäasse gabs erstmals auch im gymnasialen Sektor. Eine absolut unbefriedigende Situation, die kurzfristig auch nicht zu beheben ist.


    Ist "Urbanität durch Verdichtung" nicht vielleicht doch eher ein Mythos? Mir fehlen in der Diskussion die qualitativen Maßstäbe.

  • - Unrentable Bauweise


    Ja, in Deutschland wird Dichte und Höhe überproportional stark mit teuren Auflagen und sicherzustellende Maßnahmen bestraft (insbesondere Brandschutz). Hier sollte man einen Blick etwa in die Niederlande werfen und die gesetzlichen Vorgaben mehr oder weniger kopieren.


    Unrentabel kann man insoweit nicht sagen, eher teuer. denn die Rentabilität ist ein relativer Begriff. Wenn du einen potenten Käufer oder Mieter findest, ist auch teurer Wohnungsbau rentabel.


    Aber was das Bauen in den Zentren angeht, ist weniger der Brandschutz im Neubau das Problem; erst in Wohnhäusern ab 60m Höhe wird der vorbeugende Brandschutz nach den Hochhausrichtlinien richtig aufwendig. Es ist der umbaute Raum, der die Kosten treibt, und da stehen vor allem Tiefgaragen und Kellergeschosse auf dem Prüfstand. In Holland wird in der Regel ohne Keller und ohne Tiefgarage gebaut, mit entsprechendem Kostenvorteil. In Frankfurt setzt gerade die Diskussion um die Reform der Stellplatzpflicht ein. Bauen ohne Keller ist in zahlreichen Modellversuchen probiert worden, allein: der Markt nimmt's nicht an. Fehlen die Freiflächen, brauchts halt Räume für Fahrräder, Mülltonnen, Kinderwagen und was weiß ich, das ist nicht wohnlich genutzter, teurer umbauten Raum, der die Preise treibt. Aber ob insoweit Verzicht durch schlichtere Standards die Lösung ist, würde ich bezweifeln.


    Nachdem Krieg, vielleicht bis Mitte der 60er Jahre, aber auch schon im Wohnungsbau der 30er Jahre, sind oft zur Kostensenkung offene Treppenhäuser und Flure gebaut worden (ein sehr schönes Exemplar steht in München gegenüber dem Museum Brandhorst): diese Bauweise hat sich aber nicht durchgesetzt, vielleicht, weil's als umkomfortabel empfunden wird, mer hätt halt gern ein richtiges Treppenhaus.

  • Der Münchener ÖPNV soll, nach dem was ich so lese, streckenweise schon am Rande seiner Kapazität operieren. Ist unter diesem Aspekt weitere Verdichtung wirklich sinnvoll? Dasselbe gilt für die übrige Infrastruktur.


    Unter solchen Umständen ist die Nachverdichtung ganz besonders sinnvoll, da die Erhöhung der Kapazität bestehender Infrastruktur weniger kostet als derer Ausdehnung in die Fläche. Besonders beim ÖPNV wäre die Alternative, die Leute durch die Innenstadt zu befördern oder von weit gelegener Vorstadt bringen und danach durch die Innenstadt.


    Gerade war ich in der am dichtesten besiedelten Stadt Europas (2 Mio. EW auf 100 Qkm Kernstadt), die auch zu den Beliebtesten zählt.


    Es ist der umbaute Raum, der die Kosten treibt, und da stehen vor allem Tiefgaragen und Kellergeschosse auf dem Prüfstand.


    Ich lasse jetzt genaue Zahlen aus, aber die 30-40 Qm in der Tiefgarage für einen PKW kosten mehr als die meisten PKWs selbst. Es wird Zeit für mehr Kostentransparenz - jeder sollte selber entscheiden können, ob er sich diese Kosten aufbürden will. Nicht nur in Frankfurt gibt es eine Diskussion um die Stellplatzsatzung - eine Reform hat auch etwa der neu gewählte Düsseldorfer OB versprochen.

  • Unter solchen Umständen ist die Nachverdichtung ganz besonders sinnvoll, da die Erhöhung der Kapazität bestehender Infrastruktur weniger kostet als derer Ausdehnung in die Fläche.


    Wenn die Kapazitätserhöhung denn möglich ist. Die Kapazität eines U-Bahn-Tunnels kann man nicht beliebig erhöhen, weder kann man die Züge verlängern, noch den Takt über ein bestimmtes Maß verdichten. Die Kapazitätserhöhung im ÖPNV ist objektiv begrenzt.