S21: Grundsatzdiskussion strikes back

  • ^Pointiert.


    Ich als Außenstehender hatte immer etwas den subjektiven Eindruck dass es nicht zuletzt vielen "um's Prinzip" zu gehen scheint. Also mehr ein emotionaler als ein sachlicher Konflikt. Und solche Konflikte werden häufig auch "selbstzerstörerisch" geführt. Siehe unzählige Nachbarschaftskonflikte um Nichtigkeiten, die Lebensqualität und Geldbeutel aller Beteiligten ruinieren, ohne dass am Ende überhaupt klar ist worum es eigentlich mal ging. Über den sprichwörtlichen Schatten springen will aber keiner und so dreht sich die Eskalationsspirale immer weiter.


    Daran hat mich das Thema "Stuttgart 21" wiederholt erinnert, auch wenn ich da nicht so in allen Details drinstecke oder die Berichterstattung mitverfolgt habe. Für mich stellt sich die Sache nun so dar, die Rechtslage ist klar, die Mehrheitsbeschlüsse demokratischer Gremien haben für das Projekt gestimmt, sogar eine Art von Volksabstimmung baden-württembergischer Machart hat sich für dieses Projekt ausgesprochen. Damit is der Kas bissn, wie man in Bayern sagt.

  • ... , keine neuen Arbeitsplätze entstehen, ...


    Ich greife mal die Arbeitsplätze raus: Genau das macht er nämlich nicht, er spricht nicht von entgangenen Chancen, sondern von Lasten und Belastungen für die Bürger. Eine Angstkampagne in einem Land zu fahren, in dem Vollbeschäftigung herrscht, ist vollkommen unglaubwürdig. Damit unterminiert er, gerade auch bei den Stuttgartern auf Halbhöhe, sein eigenes Anliegen und merkt es dabei nicht einmal. Klingt vom Tenor ein wenig wie Hauk im Landtag nach der letzten Wahl, der immer noch nicht begriffen hatte, dass gerade die politischen Phrasen alten Stils den Grünen die Wähler zutreiben. Turner hat dieses Konzept in Abwandlung mit seinen Angriffen auf Kuhn wiederholt und ist damit voll baden gegangen. Und auch wenn der besagte Herr kein Politiker, sondern ein Verbandsmensch ist, so ist es genau dieselbe Art, mit der er den Gegnern des Projektes geradezu in die Arme spielt. In Stuttgart wird keine Wirtschaftkrise ausbrechen, wenn das Projekt nicht kommt. Wenn der Mann dennoch etwas für S21 tun wollte, dann sollte er sich kommunikativ auf die Vorteile desselbigen Projektes konzentrieren. Aber auch dann nur gemäßigt. Der Bahnhof hat mittlerweile bei vielen Bürgern ein Image irgendwo zwischen Wiederaufbereitungsanlage und Atomkraftwerk. Und dieses Image wird man garantiert nicht mit Demagogie beseitigen können, sondern nur mit einem gewissen Maß an ehrlicher Kommunikation allenfalls noch "lindern" können. So wie sich die mediale Debatte zur Zeit entwickelt kann es richtig eng für das Projekt bei der nächsten Aufsichtsratssitzung am 22. März werden. Im Herbst stehen Bundestagswahlen an und da will Frau Merkel sich sicher nicht mit dem Dauerbrenner Bahn beschäftigen. Sie hat schon in der Atomausstiegsfrage eine ähnlich spektakuläre Wende hingelegt und ich traue ihr das beim Bahnhof auch zu. Wenn Merkel den Daumen senkt, dann ist die Sache begraben. Egal wie hoch die Ausstiegskosten sind.

  • Volksabstimmungen

    ..., sogar eine Art von Volksabstimmung baden-württembergischer Machart hat sich für dieses Projekt ausgesprochen. Damit is der Kas bissn, wie man in Bayern sagt.

    Da gab es noch mehr davon, eine Landtagswahl und eine Oberbürgermeisterwahl. Daraus eine Volksabstimmung zu S21 zu machen, war nicht die Idee der Wahlgewinner. Es gibt also in Baden-Württemberg ein reichhaltiges Angebot an Volksabstimmungen, mit unterschiedlichem Ausgang. Da kann sich jeder was aussuchen, da ist für jeden was dabei.

  • Damit is der Kas bissn, wie man in Bayern sagt.


    Gut, allerdings sind die Randbedingungen bei der Abstimmung klar gewesen. Die Zahlen wurde in der Superschlichtung erörtert. Es gibt wohl diese sogenannte Sprechklausel. Dann wird gesprochen, dadurch fließt aber kein zusätzliches Geld bei Kostenüberschreitung. Jedenfalls nach Auslegung der auf absehbare Zeit Regierenden. Gefördert wird das Projekt in dem zugesagten Umfang. Stadt und Land werden beinhart bleiben.


    Will nun der Bund auch kein zusätzliches Geld geben, kann die Bahn die Zusatzkosten selber übernehmen. Zum Beispiel durch Verschieben anderer Projekte oder durch eine Fahrpreiserhöhung, sofern dem gesetzlich nichts engegensteht. So ist die Sachlage.


    Dann werden wir sehen, was in den nächsten Monaten passiert.

  • Es ist unwahrscheinlich, dass Grüne weiter die Politik gegen die Bürger fortführen können.


    Kein Grüner kann bestimmen ob S21 gebaut wird oder nicht und der oberste Grüne im Ländle hat sich klar von Ausstiegsdebatten distanziert.


    Wenn S21 baden geht, dann nicht wegen Grünen, irgendwelchen Käfern, Protestlern, Bauproblemen, steigenden Kosten während des Baus, Gerichtsverfahren, Einzelmeinungen von "Prominenten", Parkschützern, etc...


    Die Hürden, die S21 nehmen muss sind:
    - Das Verkehrsministerium
    - Der Bahn-Aufsichtsrat
    - Die Bundesregierung
    - Das Flughafenkonzept
    => Alles andere spielt keine Rolle

  • Kein Grüner kann bestimmen ob S21 gebaut wird oder nicht und der oberste Grüne im Ländle hat sich klar von Ausstiegsdebatten distanziert.


    Er wird auch den Teufel tun und eine Ausstiegsdebatte initiieren. Das wäre eine Einladung an andere Projektpartner ihm die Ausstiegskosten aufzubürden. So aber ist die Bahn in der Zweckmühle. Sind die Gelder der Projektpartner aufgebraucht, muss sie selber zahlen. Das wird die nächsten Jahre die Bilanzen belasten und damit die variablen Vergütungsbestandteile des Vorstand schmälern - das Schlimmste was in einer größeren Aktiengesellschaft in Deutschland passieren kann.

  • Die Grünen werden einen Teufel tun S21 zu begraben – man braucht ja schließlich etwas um "dagegenzusein" ;)

  • ^^
    Was jetzt bei einer politischen Partei keine Mangelware ist. Schießlich sind die Grünen auch gegen CDU, CSU, SPD, FDP, LINKE, Piraten ...

  • Wie gesagt, hätte man sich vorher überlegen müssen. Nun muss man es durchziehen. Sonst wird das für die ganze Republik noch zu einer größeren internationalen Blamage als BER - noch sowas können wir uns nicht leisten, wortwörtlich, sind wir doch existentiell vom Export unserer Produkte und Dienstleistungen angewiesen. Noch bauen vor allem deutsche Unternehmen all die neuen Megastädte und Industrieanlagen in den Schwellenländern. Ich werde von meinen ausländischen Kontakten inzwischen regelmäßig auf BER angesprochen, das scheint man aber nicht ganz so ernst zu nehmen, in der Art von "das ist halt Berlin". Wenn es aber im Kernland des seriösen deutschen Geschäftsmannes und der "schwäbischen Hausfrau" auch zu solch einem Chaos kommt, dem "Ländle" als Symbol von "Made in Germany", das kann man den Leuten im Ausland nicht mehr erklären. Wir sind dabei nachhaltig unseren Ruf als effiziente, organisierte und verlässliche Partner und damit unsere Geschäftsgrundlage zu ruinieren. "Denn sie wissen nicht was sie tun" fällt mir da ein. Ganz ehrlich.

  • Also ich denke man unterschätzt viele Vorstände, die denken häufig auch einfach an die sache und nicht an ihre Boni. Wie macher reicher schonfestgestellt hat - egal wie viele millionen oder milliarden man hat, man kann Mittags immernoch nur ein Schnitzel essen, mit Mühe 2. Aber keine 50, und wenns mit Boni dann 150 reicht, ist das nicht mehr so wirklich interessant. Natürlich gibts auch Geldgierige, die nicht genug bekommen können - vielen gehts dann ab einer gewissen Summe aber mehr um Inhalte.
    Ansonsten werden sich einige staatssekretäre auch einfach absichern wollen. Die Ausstiegskosten wurden aj während der schlichtung schon geprüft. Und sind seiter in keiner WEise gesunken, sondern um viele hundert Millionen gestiegen. wenn nicht um Milliarden.

  • die sich aber in der Betriebswirtschaftlichen Sicht für die Bahn nur um wenige Millionen unterschieden. Was aber bei der märkischen Revision geren überlesen wird, auch die haben Betriebswirtschaftlich dort 1,4xx Mrd € stehen, soweit ich mich erinnere.

  • Ausstiegskosten

    ^^
    Die drei Wirtschaftsprüfungsgesellschaften kamen zu dem Resultat 1,5 Mrd. €, 1,5 Mrd. € und 1 Mrd. €. Allerdings geschah das unter der Maßgabe, dass dem Land sowohl die Planungskosten vor dem Finanzierungsvertrag, als auch die Kosten für den Grundstückskauf durch die Stadt Stuttgart aufgebürdet werden könnten. Auch wenn die Gegner dies für illegitim hielten (was wir jetzt nicht weiter diskutieren müssen), der Unterstützung durch den OB Schuster konnte die Bahn sich sicher sein. Kretschmann ist aber jetzt vorsichtig eine Situation herbeizuführen, dass dem Land die Alleinverantwortung für einen Projektabbruch zugeschrieben werden könnte.


    Die Rückabwicklung der Grundstücke (Wert 700-800 Mio. €) kann bei einem gemeinsamen Projektabbruch also nicht einem Projektpartner aufgebürdet werden: Geld zurück - Grundstück zurück. Einen Teil der Grundstücke könnte die Stadt durchaus gebrauchen, auf C1 nutzt sie schon Flächen. Damit fallen die Ausstiegskosten auf einen mittelhohen dreistelligen Millionenbetrag zurück

  • Quellenfrage


    Der erste Anlauf den bestehenden Bahnhof Abzureissen und durch einen Neubau zu ersetzen war Bahnintern übrigens bereits 1948. Weil der Bahnhof zwar für seine "kleinheit" (relativ zu anderen Kopfbahnhöfen mit ähnlichem Verkehrsaufkommen) sehr gut war, aber absolut gesehen keiner mit dem Kopfbahnhof so wirkich glücklich war.


    Beim aufmerksamen Mitlesen bin ich (...) auf den o.g. hochinteressanten Aspekt von hfrik gestoßen, der mir völlig neu war. Auch in einschlägiger Literatur zur Stadtbaugeschichte Stuttgarts und zum Jubiläum "65 Jahre Hauptbahnhof" konnte ich auf die Schnelle nichts finden. Daher wäre ich für eine kurze Quellenangabe zu dieser (für mich) spannenden Information sehr dankbar.


    Meine obige Frage ist wohl im Strudel der aktuellen Kostendebatten etwas untergegangen. Darf ich daher zwischendurch nochmals freundlich meine Bitte an hfrik nach einer Quelle für seine historisch meines Wissens bisher nie beleuchtete Nachkriegs-Episode aus der Geschichte des Stuttgarter Hauptbahnhofes erneuern? Spannend wäre ja, was man 1948 an Stelle des anscheinend unerwünschten Kopfbahnhofes zu planen gedachte.

  • Sie eh Antwort 548 Geplant war ein Durchgangsbahnhof neben dem Rosensteinschloss.


    Hm, da passt was nicht. 1948 hatte der gute Karl v. Leibbrand schon seinen 50. Todestag.


    Und unter "Quellenangabe" hat sich Carina vermutlich auch etwas mehr erhofft.


    Missverständnis? Tippfehler? Ich vermute mal, es handelt sich einfach um eine fehlerhafte Jahresangabe. Kann ja mal vorkommen im Eifer des Gefechts.

  • Kurt Leibbrand

    Es handelt sich hier offensichtlich nicht um Karl, sondern Kurt Leibbrand. Er wirkte als nach dem II Weltkrieg als Bauingenieur und Verkehrsplaner und machte Generalpläne für den Wiederaufbau, wie z.B. der Altstadt von Heilbronn. Dabei entwarf er eher Stadtviertel und ihre Verkehrswege, als die einzelnen Bauten selber.

  • ^^
    Die drei Wirtschaftsprüfungsgesellschaften kamen zu dem Resultat 1,5 Mrd. €, 1,5 Mrd. € und 1 Mrd. €. Allerdings geschah das unter der Maßgabe,


    Nur PWC kam auf 1,5 Mrd:


    Märkische Revision listet die 1,5 Mrd. zwar auf, erklären dann aber:
    A1 - Wirkliche Ausstigskosten 452,9 Mio
    A2 - Nur wenn auch aus NBS Ausgestiegen wird 200,2 Mio
    A3 - keine Ausstiegskosten 969,2 Mio.


    Also S21-Ausstigeskosten nur 452,9 Mio.


    SuSAT kommt auf 1074 Mio. Wobei Sie die 708 Mio Grundtückskaufrückabwicklung voll einrechnen.


    Wobei diese Rückzahlung der Bahn auch mit S21 passieren kann, wenn die Grundstücke nicht freigegeben werden. Und es gibt in Deutschland etliche Grundstücke, auf denen der Bahntrassenvorbehalt noch greift.


    http://schlichtung-s21.de/file…_Bericht%202010-11-26.pdf


    Daraus noch ein nettes Zitat, worauf die Bahn nie hingewiesen hat, wenn sie lautstark verkündete 3 renomierte Wirtschaftsprüfungsgesellschaften haben sie bestätigt:


    "7. Der guten Ordnung halber weisen wir darauf hin, dass unsere Tätigkeit (auch in ihrer Gesamt-heit) weder eine Abschlussprüfung noch eine prüferische Durchsicht darstellt. Da unsere Tätig-keit in erster Linie die Befragung von Mitarbeitern der DB AG sowie analytische Beurteilungen umfasst, bietet sie nicht die durch eine Abschlussprüfung oder prüferische Durchsicht erreich-bare Sicherheit. Aus diesem Grunde besteht bei dem erteilten Auftrag ein gegenüber der Ab-schlussprüfung oder prüferischen Durchsicht höheres Risiko, dass selbst wesentliche Fehler, rechtswidrige Handlungen oder andere Unregelmäßigkeiten nicht aufgedeckt werden."

  • Da selbst der Aufsichtsrat und Vorsitzende der Bahngewerkschaft EGV von mind. 2 Mrd. EUR ausgeht, ist das wieder einmal eine Phantomdebatte. Die Sanierung des K20 Bahnhofs und Gleisvorfeldes ist da nicht einmal eingerechnet, laut DB liegt diese bei satten 1,3 Mrd. EUR.