S21: Grundsatzdiskussion strikes back

  • ... und mittendrin abbrechen sollte und damit am Ende sogar besser fährt (...). Das kann ich mir einfach nicht vorstellen.


    Genau, das wird auch nicht passieren.
    Aber fang nie an mit Argumenten, wenn du einen Gegner des Projektes siehst. Das ist ja fast schon eine Sekte!

  • Soweit würde ich nicht gehen, andere Meinungen zu haben ist ja auch legitim. Aber man muss halt wissen wann man "verloren" hat, es gut sein lassen und nach Vorne schauen, meine ich.

  • OT: Sekte ist eine ursprünglich wertneutrale Bezeichnung für eine philosophische, religiöse oder politische Gruppierung, die sich durch ihre Lehre oder ihren Ritus (1050. Montagsdemos, Buttons, Gelöbnisse) von herrschenden Überzeugungen unterscheidet... :)

  • Von wegen "mittendrin" abrechen. Noch kein einziger Tunnelkilometer wurde in die Erde getrieben und trotzdem hat man offensichtlich bereits jetzt schon das Mehrkostenbudget ausgereizt.


    Die Kritik an S21 kommt nun eben auch aus Befürworter nahen Kreisen: Bundesverkehrsministerium, sowie vereinzelten Abgeordneten von CDU und FDP.


    Die Grünen und andere Gegner müssen doch zurzeit gar nichts machen, das Projekt wird gewissermaßen von den eigenen Leuten beschädigt, mit dem Bekanntwerden von fehlerhaften und unzureichenden Planungen und Berechnungen.

  • Tunnel ist ein gutes Stichwort. Mir ist relativ egal was die Stuttgarter mit ihrer Stadt anstellen aber die Neubaustrecke nach Ulm darf auf gar keinen Fall gefährdet werden. Wir entwickeln uns langsam zur Lachnummer in Europa, wenn es um den Bahnverkehr geht. Überall um uns herum werden Fernverkehrsnetze der zweiten Generation gebaut, teils Hochgeschwindigkeitsverkehr teils ausgebauter Intercityverkehr, nur bei uns stagniert alles.


    Die Strecke Paris-Straßburg-Stuttgart-München-Wien-Bratislava zählt zu den vorrangigen Verkehrsprojekten in Europa/der EU, mit dem schönen Namen "Magistrale für Europa".


    Das darf auf gar keinen Fall aufgrund von regionalpolitischen Problemen gefährdet werden.

  • Überall um uns herum werden Fernverkehrsnetze der zweiten Generation gebaut (...) nur bei uns stagniert alles.


    Mag sein, aber dabei stellt sich fuer mich die Frage ob denn nicht genau solche exorbitant teuren Einzelprojekte wie S21 (mit) schuld daran sind dass es ueberall sonst in Deutschland 'stagniert'. Statt fuer punktuelle aber gezielte und intelligente Verbesserungen im gesamten Netz werden Milliarden in einzelne 'Prestige'projekte mit fragwuerdigem verkehrlichen Nutzen wie S21 gekippt: Geld das dann anderswo fehlt. Also fuer Streckenausbau, Modernisierung, Ertuechtigung, etc.


    Die Strecke Paris-Straßburg-Stuttgart-München-Wien-Bratislava zählt zu den vorrangigen Verkehrsprojekten in Europa/der EU, mit dem schönen Namen "Magistrale für Europa"


    Sorry, aber ausserhalb der Koepfe derer Politiker und Planer, die sich das mal von Jahrzehnten ausgedacht haben zaehlt diese 'Achse' garantiert nicht zu den wichtigen Magistralen in Europa. Ich sitze hier zufaellig am Suedwestende der 'Achse' und bin mir ziemlich sicher, dass die meisten Franzosen Stuttgart und Bratislava nur mit Muehe auf der Landkarte finden wuerden.


    Die Vorstellung einiger Planer (grade im Zeitalter der Billigflieger), dass irgendwann nach 2020 die Menschen auf einmal das Beduerfnis verspueren zwischen Paris und Bratislava mit dem Zug herumsausen zu wollen ist - gelinde gesagt - absurd.

  • Natürlich ist es das. Bei einer Verkehrsachse geht es nicht darum dass man von Endpunkt zu Endpunkt fährt. Es ist eine Ost-West-Achse, von denen es bisher im Schienenverkehr nahezu keine in ganz Europa gibt, aufgrund der jahrezehntelangen Teilung des Kontinentes - umso problematischer ist dies, da durch die Osterweiterung zahlreiche EU Staaten kaum per Schiene erreichbar sind (selbst die Bahn bedient z.B. die Strecke München-Prag mit Reisebussen).

    Das ist ein eklatanter Mangel und nicht "eine Fernverkehrsstrecke mehr", die man aber auch aufschieben kann wenn man die Züge irgendwie in's bestehende Netz quetscht - es gibt kein bestehendes Netz in Ost-West-Richtung. Das langfristige Ziel ist natürlich dass sich z.B. in München auch noch eine Abzweigung Richtung Prag entwickelt, dass dann auch mal die Neubaustrecke München-Berlin fertig ist und nach Polen weitergeführt wird, etc.


    Das sind, mit Verlaub, wichtigere Themen als der Umbau eines Hauptbahhofs in einer mittelgroßen Stadt. Im Fernverkehr wird in Deutschland viel zu national gedacht während unsere Nachbarn ganz anders an das Thema herangehen. Die Schweiz hat sogar angeboten den Streckenausbau auf deutscher Seite mitzufinanzieren um das europäische Streckennetz voranzubringen, dennoch stockt die Angelegenheit auf deutscher Seite nach wie vor. In der Schweiz wird hingegen geklotzt statt gekleckert, wird das halbe Alpenmassiv für neue Bahnstrecken untertunnelt. Ähnlich in Österreich. Die Franzosen sind in absehbarer Zeit mit ihrem TGV Netz "fertig", in Spanien verkehrt der Velaro E, ein Schwesterzug des deutschen ICE aus deutscher Produktion, inzwischen mit bis zu 350 km/h auf dem dortigen Netz (ICE 3: bis zu 330 km/h)....selbst die Briten haben umgeschwenkt und wollen bis 2019 ganze 37,5 Milliarden Pfund (43 Milliarden Euro) zusätzlich in ihr Schienennetz stecken, trotz hartem Sparkus auf der Insel.


    Um in der Bahnlersprache zu bleiben: die Deutschen entwickeln sich zum Bremsklotz für den europäischen Bahnverkehr und das ist besonders dramatisch da wir in der Mitte des Kontinents sind und nahezu der gesamte europäische Landtransit über unser Territorium läuft.

  • Ach ja, zurück zu Adam und Eva. Das alles ist hier - ja wirklich - bis zum Ab...z.. diskutiert worden.


    Daher nur eine Bemerkung hierzu:


    Midas
    Ich sitze hier zufaellig am Suedwestende der 'Achse' und bin mir ziemlich sicher, dass die meisten Franzosen Stuttgart und Bratislava nur mit Muehe auf der Landkarte finden wuerden.


    Gut, wieviel Prozent der Deutschen würden denn Lyon auf der Landkarte finden?


    Übrigens verkehrt zwischen Paris-Stuttgart seit Jahren bereits ein TGV, es gibt ein französisches Generalkonsulat (eines von 6 in Dland), das Institut francais, 2006 lebten um die 2.300 Franzosen im Stadtgebiet Stuttgart (Quelle: Wiki); Straßburg und Stuttgart sind Partnerstädte, und es gibt natürlich vielschichtige Wirtschaftsbeziehungen.


    So unbekannt kann Stuggi bei den Fransen daher nicht sein (in Straßburg ist man mit dem TGV in 60min.).


    @Baumeista
    wichtigere Themen als der Umbau eines Hauptbahhofs in einer mittelgroßen Stadt.


    Vielleicht willst Du erst mal beim 1 x 1 von S21 anfangen. Der Um- und Neubau des Hauptbahnhofs ist nur ein kleiner Teil des Projekts. Es werden 3 neue Bahnhöfe entstehen, ein unterirdischer Ringverkehr mit einem neuen Abstellbahnhof, kurzum die komplette Neuordnung des Bahnknotens, 100ha Bauland in der engen Innenstadt werden frei und und und. Auch handelt es sich nicht um einen Hauptbahnhof einer mittelgroßen Stadt, sondern der sechstgrößten Deutschlands nach Frankfurt am Main. Die Region gehört mit 2,7 Mio. Ew. zu den bevölkerungsreichsten der Republik, ebenso zu den wirtschaftsstärksten. In Geografie wurde offenbar nicht aufgepasst. Noch ist aber nicht alles verloren.

  • Ich sitze hier zufaellig am Suedwestende der 'Achse' und bin mir ziemlich sicher, dass die meisten Franzosen Stuttgart und Bratislava nur mit Muehe auf der Landkarte finden wuerden.


    Kann gut sein, aber nach Metzingen scheinen sie recht zuverlässig zu finden. :D Es fahren halt insgesamt wesentlich mehr Deutsche nach Frankreich als umgekehrt. Ca. 40:1 habe ich als Verhältnis ganz grob in Erinnerung.

  • Quellen-Zwischenfrage


    Der erste Anlauf, den bestehenden Bahnhof abzureissen und durch einen Neubau zu ersetzen, war bahnintern übrigens bereits 1948. Weil der Bahnhof zwar für seine "Kleinheit" (relativ zu anderen Kopfbahnhöfen mit ähnlichem Verkehrsaufkommen) sehr gut war, aber absolut gesehen keiner mit dem Kopfbahnhof so wirklich glücklich war.


    Ich versuche, mich aus der S21-Diskussion (weitestgehend) herauszuhalten, weil ich denke, in dieser Sache mit meinen persönlichen Sichtweisen, Positionen und Argumenten hier niemanden bekehren zu können oder zu müssen.


    Beim aufmerksamen Mitlesen bin ich allerdings auf den o.g. hochinteressanten Aspekt von hfrik gestoßen, der mir völlig neu war. Auch in einschlägiger Literatur zur Stadtbaugeschichte Stuttgarts und zum Jubiläum "65 Jahre Hauptbahnhof" konnte ich auf die Schnelle nichts finden. Daher wäre ich für eine kurze Quellenangabe zu dieser (für mich) spannenden Information sehr dankbar.

  • die Neubaustrecke nach Ulm darf auf gar keinen Fall gefährdet werden.


    Das sehe ich genauso. Aber die Neubaustrecke ist nicht primär das was kritisiert wird. Wenn irgendeine andere Lösung für den Bahnhof in Stuttgart gefunden wird, wird auch der Protest verstummen.


    Gegen K21 hat noch niemand protestiert, obwohl die Neubaustrecke dabei fester Bestandteil ist. Gleiches gilt für die Kombilösung.

  • Gut, wieviel Prozent der Deutschen würde denn Lyon auf der Landkarte finden?


    Zugegeben wahrscheinlich nicht mal die Haelfte. Andererseits wird beispielsweie eben auch nicht fuer 5 bis 8 Milliarden Euro halb Basel untertunnelt, mit dem vorgeblichen Argument, dass Stuttgarter dann 20 Minuten schneller auf einer neuen 'Europa-Magistrale' nach Lyon kommen. Von daher stellt sich der Vergleich erst gar nicht.


    Das ist natuerlich ein ueberspitzter Vergleich. Er soll nur sagen, dass ich per se nichts Grundsaetzliches gegen das S21 Projekt habe, allerdings (leider) inzwischen glaube, dass seine Kosten in keinerlei gesundem Verhaltnis mehr zum ueberregional eher geringen Nutzen stehen.


    Der Rest der Republik bekommt langsam Angst, dass er - was Bahn-Infrastruktur angeht - jahrelang oder gar jahrzehntelang in die Roehre guecken wird weil das Geld in S21 in ein Projekt versenkt wird, welches sich allem Anschein nach mehr und mehr zu einem Fass ohne Boden entwickelt. Diese Angst scheint mit nicht ganz unberechtigt...

  • Gegen K21 hat noch niemand protestiert, obwohl die Neubaustrecke dabei fester Bestandteil ist. Gleiches gilt für die Kombilösung.


    Wie soll man gegen etwas protestieren, das erstens alle paar Monate durch eine weitere Variante ergänzt bzw. verändert wird, zweitens weder geplant, entschieden oder gar im Bau ist und drittens aus dem eigenen Lager kommt?

  • 1. Er soll nur sagen, dass ich per se nichts Grundsaetzliches gegen das S21 Projekt habe, 2.allerdings (leider) inzwischen glaube, dass seine Kosten in keinerlei gesundem Verhaltnis mehr zum ueberregional eher geringen Nutzen stehen.


    1. Die Grundidee, den Stuttgarter Hauptbahnhof zu einem Durchgangsbahnhof umzubauen, unter die Erde zu legen und die frei werdenden Flächen zu nutzen ist ja auch sinnvoll und nachvollziehbar. Eine schnelle Verbindung nach Ulm ist ebenso anstrebenswert und sinnvoll (Auch wenn quasi niemand von Paris nach Bratislava fahren wird).


    2. Die Kosten sehe ich da auch nicht mal als das primäre Problem an, sondern das bei den Kosten bahntechnisch für Stuttgart (Nicht die Neubaustrecke betreffend) eigentlich nichts bei herauskommt.
    Kein Privatmensch würde sich bei privaten Anschaffungen auf so ein schlechtes Preis-/Leistungsverhältnis einlassen.

  • Wie soll man gegen etwas protestieren, das erstens alle paar Monate durch eine weitere Variante ergänzt bzw. verändert wird,


    Sowohl K21 als auch die Kombilösung sind im Gegensatz zu S21 nicht verändert worden. Bei S21 weiss man z.B. nicht mal wo der "Flughafenbahnhof" eigentlich mal hinkommen soll. Für den "geplanten" Standort spricht sich ja niemand mehr aus.


    zweitens weder geplant, entschieden oder gar im Bau ist und drittens aus dem eigenen Lager kommt?


    Das die Gegner gegen eine Lösung protestieren würden, bei der Tiefbahnhof Bestand hat, aber die Neubaustrecke verworfen wird ist doch wohl eher warscheinlich ;)


  • Die Vorstellung einiger Planer (grade im Zeitalter der Billigflieger), dass irgendwann nach 2020 die Menschen auf einmal das Beduerfnis verspueren zwischen Paris und Bratislava mit dem Zug herumsausen zu wollen ist - gelinde gesagt - absurd.


    Für mich ist es unverständlich das sich alle immer an Bratislava aufhängen– liegt vielleicht daran das Bratislava "zu Zeiten" unserer Berufsdemonstranten noch Pressburg hieß. Der Endpunkt der Magistrale ist nur deswegen in Bratislava, bzw. Budapest, da diese beiden Städte schlicht nahe an Wien liegen und gerade in Osteuropa einen wichtigen und stark wachsenden Wirtschaftsraum bilden. Wenn du mal dort gewesen wärst würde dir das ganze vermutlich nicht mehr so Lachhaft vorkommen. Wenn du mal versucht hättest mit der Bahn von Stuttgart nach München, von Paris nach Salzburg, von München nach Wien usw. zu kommen würde dir das alles wohl auch nicht mehr so Lächerlich vorkommen. Das Zeitalter der Billigflieger ist übrigens vorbei, Sorry wenn ich dich da aufwecken muß.

  • Für mich ist es unverständlich das sich alle immer an Bratislava aufhängen– liegt vielleicht daran das Bratislava "zu Zeiten" unserer Berufsdemonstranten noch Pressburg hieß.

    Die Magistrale Paris - Bratislava ist eine Idee der S21-Propagandisten, nicht der Gegner.

  • Öffentlicher Nahverkehr ist auch defizitär. Sollen wir dann Busse und Straßenbahnen auch abschaffen, weil sich das "nicht rechnet"?