S21: Grundsatzdiskussion strikes back

  • Der Überbringer der schlechten Nachricht wird geschlagen. Nicht überraschend, aber auch nicht besonders intelligent.


    Ist ja sonst auch niemand anderes da, auf den man seine Wut auslassen kann. :bah:

  • Bei Spon schreiben sie, dass das Aus für S21 eine Niederlage für Merkel wäre. Ich glaube allerdings, dass ein Aus vor der Wahl ihr noch Stimmen bringen könnte, denn bei denen, bei welchen sie sowieso verhaßt ist, wird sie eh keine Stimmen holen und die Unentschiedenen würden ihr möglicherweise einen Meinungsumschwung positiv anrechnen. Letztlich schwer zu sagen, da es vermutlich auch gegenteilige Effekte geben wird. Gut möglich also, dass ein Ausstieg genau dann kommt, wenn wir schon maximal große Löcher in Stuttgart haben, wenn er denn kommt. Was für eine Theater! Kuhn sollte schon mal die Schilder für die Umbenennung von Stuttgart in Schilda vorbereiten lassen.

  • Und munter spekuliert das Murmeltier. Dabei gibt es nun wirklich nichts, was wirklich neu wäre, wieder einmal irgendein internes Papierchen mit gerade mal 15 Seiten. Hauptsache die tägliche Dosis Hysterie für die S21-Apokalyptiker, und die Welt ist in Ordnung. Cheers.

  • Etwas neues gibt es in der Tat nicht. Alles war schon bekannt. Was neu ist, ist dass es inzwischen nicht mehr geleugnet/vertuscht/zerlabert werden kann.

  • Nun, das höre ich schon seit ca. 8 Jahren. Die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt - bei den S21-Gegnern. Lass Dich überraschen. Ich bin auch sehr gespannt, wie sich die Grünen die tolle Alternative vorstellen - anno 2050.

  • Warum sollte denn S21 eine Niederlage für Merkel sein? Was hat die Kanzlerin denn damit mehr zu tun als der BaWü'sche Ministerpräsident? So wie ich das sehe, wird das Thema außerhalb von BaWü von den meisten Menschen nur am Rande wahrgenommen. Von einer bundespolitisch relevanten Sache kann überhaupt nicht die Rede sein, finde ich.


    Ob bei diesem Artikel auf SPON nicht eher der Wunsch Vater des Gedanken war? Die Online-Ausgabe des Spiegel ist bisher ja auch nicht gerade durch besondere Sachlichkeit oder Qualität aufgefallen und die politische Ausrichtung ist ja auch offensichtlich.

  • Nun ja, aus bundesweiter Perspektive mag das ja alles uninteressant sein, regional für Süddeutschland ist es aber durchaus relevant. S21 ist Teil der Bahnstrecke Stuttgart-München (beides große Städte in Süddeutschand mit nicht ganz unerheblichem Einzugsgebiet). In der Region München ist man deshalb durchaus daran interessiert, dass der Abschnitt Ulm-Stuttgart endlich modernisiert wird.

  • Warum sollte denn S21 eine Niederlage für Merkel sein? Was hat die Kanzlerin denn damit mehr zu tun als der BaWü'sche Ministerpräsident?


    Merkel hat sich vor der letzten Landtagswahl in Baden-Württemberg sehr stark im Hinblick auf S21 exponiert. Deswegen schreibt der Spiegel das. Kann aber gut sein, dass dies der breiten Bevölkerung gar nicht mehr in Erinnerung ist.

  • necrokatz
    So wie ich das sehe, wird das Thema außerhalb von BaWü von den meisten Menschen nur am Rande wahrgenommen. Von einer bundespolitisch relevanten Sache kann überhaupt nicht die Rede sein, finde ich.
    Das mag man an der wirtschaftlich unbedeutenden Peripherie nahe der polnischen Grenze so sehen. Aus Sicht insbesondere der deutschen Wirtschaftszentren und der Bundespolitik hat das Projekt natürlich einen sehr hohen Stellenwert, was man nicht zuletzt auch an der großen Aufmerksamkeit nicht nur der großen, sondern sogar der kleineren Zeitungen ablesen kann.

  • Wagahai: Necrokatz bezog sich glaub eher auf die kommende Bundestagswahl und die Bedeutung von S21 für den gemeinen Bürger ausserhalb der Region.


    Aber entscheidend ist der Satz: das höre ich schon seit ca. 8 Jahren.
    Was mich besonders daran nervt ist, dass insbesondere die Stuttgarter Zeitung, die ja in der globalen Zeitungskrise extrem kämpfen muss, ständig diesen Unfug verzapft um diese Auflagen zu steigern...


    Heutiges Beispiel:
    Stuttgart 21 steht auf der Kippe

  • Ich stand dem Projekt schon immer indifferent gegenüber. Ich bin kein Stuttgarter, also profitiere bzw. "leide" ich nicht unter den viel diskutierten Pro und Contra. Und bei einer Volkswirtschaft mit einem jährlichen Bruttosozialprodukt von ca. 3.500.000.000.000 $ mag ich die Dramatik von Kostensteigerungen auf meinetwegen auch 10 Milliarden, verteilt über mehrere Jahre Bauzeit, nicht ganz erkennen. Auf eine Bauzeit von einem Jahrzehnt verteilt macht das dann selbst im, laut Presseberichten, "schlimmsten Fall" von Gesamtkosten von 10 Milliarden pro Jahr 1 Milliarde aus. Das dürfte für ein wirtschaftsstarkes Land wie BaWü kein substantielles Problem sein.


    Aber ich sehe mir an was seit Jahren über die Rechtslage und geschlossene Verträge berichtet wird (auch bereits verkaufte Grundstücke die durch den Untergrundbahnhof frei werden sollen, dann denke ich an Schadenersatzforderungen, etc.) und überlege mir was man sonst tun soll mit dem Areal, jetzt wo man schon Teile des alten Bahnhofs abgerißen hat, und man auch schon einen Milliardenbetrag für Planung und Baumaßnahmen ausgegeben hat - kann es da wirklich billiger sein dies alles zurückzubauen und den Kopfbahnhof zu modernisieren? Denn klar scheint mir, investiert werden muss so oder so im großen Stil, der bestehende Bahnhof soll veraltet sein, zudem seien Investitionen seit Jahren ausgeblieben weil man den Umbau schon lange plante und natürlich nichts mehr in eine Anlage investieren wollte, die man eh in Bälde abzureißen gedenkt.


    Und dafür dann keine substantielle Modernisierung aus Fahrgastsicht zu haben, die technische Sanierung ist ja nicht in der Form "sichtbar" für die Fahrgäste, aber unter dem Strich vielleicht auf das selbe rauszukommen.. da verstehe ich gar nicht wie man an "S21" überhaupt rütteln kann. Ergibt für mich keinen Sinn.


    Das hätte man sich wortwörtlich vorher überlegen müssen. Einem laufenden Projekt aber nachträglich den Boden unter den Füßen wegzuziehen führt mit Sicherheit zu keinem geringeren Desaster als jede befürchtete Kostensteigerung oder Zeitverzögerung.

  • ... da verstehe ich gar nicht wie man an "S21" überhaupt rütteln kann. Ergibt für mich keinen Sinn.[/B]


    Für den gemeinen Schwaben geht es hier ums Prinzip. Er fühlt sich vorsätzlich desinformiert, um nicht zu sagen, er meint beschi.... worden zu sein. Und beim Geld hört hier der Spaß auf. Deswegen sind so viele gegen das Projekt. Und wenn sich jemand entschieden hat dagegen zu sein, dann wird das auch nicht mehr revidiert, egal was nun letztendlich die optimale Lösung wäre, wenn es die denn überhaupt gibt.


    Ich war vor ein paar Jahren zufällig auf der allerersten von hundertweißnichtwas Demonstrationen auf dem Stuttgarter Marktplatz. Da standen vielleicht fünf- oder sechstausend Leute vor dem Rathaus, die teilweise brüllten "Schuster komm raus!". Das war ein für Stuttgarter Verhältnisse ungeheurer Vorgang.


    Bei der Bahn hätten schon damals alle Alarmglocken schrillen müssen. Da die Bahn aber offenbar über keine Kenntnisse der ortsüblichen Gepflogenheiten verfügt, hat man dieses Warnsignal ignoriert und nun steht man vor einem quasi unumkehrbaren Desaster. Egal wie die Sache nun weiter- und schlußendlich ausgeht.

  • Ich versuche mal kurz zu antworten, für eine ausführliche antwort wäre es glaube ich ganz gut wenn du dir den ganzen thread durchliest.


    ..Und bei einer Volkswirtschaft mit einem jährlichen Bruttosozialprodukt von ca. 3.500.000.000.000 $ mag ich die Dramatik von Kostensteigerungen auf meinetwegen auch 10 Milliarden, verteilt über mehrere Jahre Bauzeit, nicht ganz erkennen....


    Nun der Verkehrshaushalt des Bundes betrug z.B für 2011 20,282 Mrd Euro. Letztens gabs einen Bericht wonach dieses budget noch weiter gekürzt werden soll. Mit diesem Budget sollen aber alle Projekte bundesweit gefördert werden. Da fällt dann eine Mrd. mehr oder weniger schnell ins gewicht.



    Auf eine Bauzeit von einem Jahrzehnt verteilt macht das dann selbst im, laut Presseberichten, "schlimmsten Fall" von Gesamtkosten von 10 Milliarden pro Jahr 1 Milliarde aus. Das dürfte für ein wirtschaftsstarkes Land wie BaWü kein substantielles Problem sein.


    Der Gesamthaushalt für Bawü pro Jahr beträgt ca. 40 Mrd Euro, auch da fällt eine Mrd. schnell ins Gewicht.




    Aber ich sehe mir an was seit Jahren über die Rechtslage und geschlossene Verträge berichtet wird (auch bereits verkaufte Grundstücke die durch den Untergrundbahnhof frei werden sollen, dann denke ich an Schadenersatzforderungen, etc.)


    Gelände wurde von der Stadt Stuttgart der Bahn abgekauft, wenn das nun wieder rückabgewickelt wird hat die Bahn den Verlust und halt wieder das Gelände, aber den Steuerzahler juckts nicht.




    und überlege mir was man sonst tun soll mit dem Areal, jetzt wo man schon Teile des alten Bahnhofs abgerißen hat, und man auch schon einen Milliardenbetrag für Planung und Baumaßnahmen ausgegeben hat


    Bis jetzt wurden laut Bahn 430 Mio. Euro ausgegeben (davon entfallen auf die Bahn 71 Mio. Euro, dazu kommen dann noch entgangen Gewinne für Auftragnehmer in Höhe von 5%.
    Hier nachzulesen:


    Quelle: http://www.stuttgarter-zeitung.de




    - kann es da wirklich billiger sein dies alles zurückzubauen und den Kopfbahnhof zu modernisieren?


    Diese Frage muss nun seitens der Bahn beantwortet werden, um die Antwort hat sich die Politik und die Bahn jahrelang gedrückt.



    Denn klar scheint mir, investiert werden muss so oder so im großen Stil, der bestehende Bahnhof soll veraltet sein, zudem seien Investitionen seit Jahren ausgeblieben weil man den Umbau schon lange plante und natürlich nichts mehr in eine Anlage investieren wollte, die man eh in Bälde abzureißen gedenkt.


    Und dieses Geld was da jahrelang gespart wurde muss die Bahn nun auch investieren soviel ist klar.


    Und dafür dann keine substantielle Modernisierung aus Fahrgastsicht zu haben, die technische Sanierung ist ja nicht in der Form "sichtbar" für die Fahrgäste, aber unter dem Strich vielleicht auf das selbe rauszukommen..



    da verstehe ich gar nicht wie man an "S21" überhaupt rütteln kann. Ergibt für mich keinen Sinn.


    Es geht nicht nur ums Geld, es geht auch um vielfältige Risiken und eine Diskussion um die erwartete Leistungsfähigkeit von S21. Am besten mal hier alles durchlesen.




    Das hätte man sich wortwörtlich vorher überlegen müssen. Einem laufenden Projekt aber nachträglich den Boden unter den Füßen wegzuziehen führt mit Sicherheit zu keinem geringeren Desaster als jede befürchtete Kostensteigerung oder Zeitverzögerung.


    Nun ja inwieweit das Projekt läuft ist auch Ansichtsache, die bisherigen Baumassnahmen sind noch nicht wirklich substantiell, und die Hälfte des Projekts ist noch nicht planfestgestellt bzw. im Planänderungsverfahren. Das is n bisschen was anderes wie wenn das alles schon im Rohbau wäre.


  • Nun der Verkehrshaushalt des Bundes betrug z.B für 2011 20,282 Mrd Euro.


    Das ist für mich eigentlich der wahre Skandal wegen dem man auf die Straße gehen müßte! Aber wir wissen ja alle wo "unser" Geld hingeht...

  • Ohlsen, wenn man keine Ahnung von Projekten hat, kann man sich so hinstellen. Wer weiss ann wie viel Kosten ebreits anfallen bevor die Bagger Massenweise rollen, weis dass unter 2 Mrd € sunk costs nichts läuft. Damit bleiben, Totalblockaden der Verwaltung wie beim Grundwassermanagement aussen vorgelassen, aber alle möglichen Bautschnischen Probleme schon eingerechnet 3 Mrd € zum Fertigbauen. Wenn man weis, dass wohl unter Gleis 8 ein Keller abgestützt werden musste weil die Decke die Betongewischte nicht tragen konnte, weil zu mürbe, die Betongewichte aber deutlich leichter sind je Meter als eine Lock beispielsweise der BR 103 dann sagt mir dass, dass eine Sanierung für nur 1,7 Mrd € des Kopfbahnhofs im Status quo nicht gehen wird, das wird effektiv auf einen Komplett-Neubau aller Gleisanlagen und Kunstbauten in Stuttgart rauslaufen.
    Der erste Anlauf den bestehenden Bahnhof Abzureissen und durch einen Neubau zu ersetzen war Bahnintern übrigens bereits 1948. Weil der Bahnhof zwar für seine "kleinheit" (relativ zu anderen Kopfbahnhöfen mit ähnlichem Verkehrsaufkommen) sehr gut war, aber absolut gesehen keiner mit dem Kopfbahnhof so wirkich glücklich war.

    Einmal editiert, zuletzt von hfrik ()

  • Nun gut, die BUNDESrepublik ist ein Vielvölkerstaat. Das steckt zwar selbst im Namen ist uns im Alltag aber nicht bewusst (vielleicht weil wir im 19. Jahrhundert als Deutsche so auf Einheitsstaat und Zentralismus gedrillt wurden? Egal..). Staatstragend sind die Länder, diese haben sich zu einem Bündnis - der BUNDESrepublik Deutschland - zusammengeschlossen. Dementsprechend ist der Bund immer nur eine Art Koordinator, ein Bundesetat in der Regel nur ergänzend (Ausnahme: die Sozialversicherungen und Verteidigung). Das Gro der Investitionen steckt natürlich bei Kommunen und Ländern. Darum darf man diesen Verkehrsetat des Bundes für Investitionen natürlich nicht mit "soviel gibt der Staat in Deutschland für Verkehrsinfrastruktur aus" gleichsetzen.


    Dass das den Landesetat sprengen könnte, das sehe ich hingegen schon ein, das ist ein Argument.


    Die Bahn ist aber kein Privatunternehmen sondern lediglich in den 90ern von einer Bundesbehörde in ein Unternehmen in Bundesbesitz als Rechtsform geändert worden. Defizite der Bahn landen aber auf die eine oder andere Weise auch beim Staat und somit beim Bürger. Entweder weil die Bahn weniger investieren kann oder weil sie mehr Zuschüsse braucht, oder eine Mischung aus beidem...daher ist das sicherlich nicht gleichgültig und Föderalismus kann nicht heißen "Konsequenzen sind mir egal, solange diese nicht nur vor meiner Haustür landen".


    Wie gesagt, die Für und Wider von S21 sind mir relativ egal, ich sehe aber nicht ein wieso man jetzt diesen eingeschlagenen Weg verlassen und mittendrin abbrechen sollte und damit am Ende sogar besser fährt (heißt ja die Abbrucharbeiten irgendwie rückabwickeln, der Bahnhof braucht diese Räumlichkeiten dann ja wohl wieder, heißt den bestehenden Bahnhof modernisieren, usw. und alles was man bisher investiert hat war obendrauf umsonst). Das kann ich mir einfach nicht vorstellen.


    Ich meine ich bin gebürtiger Bayer, wir haben starke direktdemokratische Elemente, wie erst kürzlich die Studiengebühren-Begehren zeigten. Und auch vor Ort wird viel per Begehren und Entscheid geregelt. 10% ist ja keine sonderlich hohe Hürde und die Entscheide des Bürgers haben eine gewisse Zeitbindung und "überstimmen" in jedem Fall örtliche Räte bzw. den Landtag.


    Daher bin ich es eben so gewohnt dass man im Vorfeld, und S21 soll ja in den frühen 90ern schon geplant gewesen sein, diskutiert und dann aber auch bei einmal getroffenen Entscheidungen, seien sie noch so unpopulär, bleibt. Siehe das strenge Rauchverbot, was alle Raucher nach wie vor frustriert, aber die Volksabstimmung gilt und die zweifelt auch keiner mehr an. Nun mag es solche Modi in BaWü nicht geben aber dafür haben das doch andere demokratische Gremien entschieden. Sobald diese Entscheidungen mit einer Mehrheit dann mal getroffen sind, meine ich, muss man das auch als Gegner akzeptieren. Andernfalls wird ein demokratischer Staat unregierbar. Mehrheitsentscheidungen werden für mich auch nicht dadurch entwertet dass es Kostensteigerungen gibt. Die Mehrheit wollte ja dieses und jenes Projekt, nicht einfach nur so und soviel Euro ausgeben (oder "tickt" man da als Schwabe soviel anders?).