Frankfurter Fassaden

  • Altes Rathaus

    Schweres Heben ist nicht gut für den Rücken, insbesondere wenn man das über 100 Jahre lang macht. Vom Tragen einer ganzen Rathausbrücke bekämen die meisten Rückenschmerzen, nicht jedoch diese beiden Jungs:


  • Im wohl schönsten und vor allem nach der Zerstörung des Westends in seinem Gesamtcharakter noch besterhaltenen Wohnviertel der Stadt, nämlich dem westlichen Sachsenhausen, passen allerlei Getier und Gestalten aus der Mythologie der Antike auf die Häuser auf. Von denen vor lauter Überschuss erstaunlich wenige unter Denkmalschutz stehen.


    Detail der neobarocken Prachtfassade der Eckvilla Gartenstraße 73 / Holbeinstraße 15, das sich der Architekt Max Löffler 1902 als eigenes Wohnhaus errichtete:



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    Das Haus Holbeinstraße 33 mag um 1905 erbaut sein, seinen Erker schmücken zwei an Grotesken der italienischen Renaissance erinnernde Gestalten, die eine jedoch eher barock anmutende Kartusche tragen, was den spielerischen Umgang dieser Zeit mit historischen Vorbildern symbolisiert:



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    Ebenfalls nicht denkmalgeschützt ist die Eckvilla von Holbeinstraße und Schwanthalerstraße, die wohl die Hausnummern 41 / 73 tragen dürfte. Stilkritisch ist sie in ihrer recht ungewöhnlichen Mischung aus Heimatstil und Neoklassizismus wohl um 1910 entstanden. Interessant ist der Balkon zur Schwanthalerstraße, wo Sagengestalten, auf deren Köpfen Kapitelle der ionischen Ordnung ruhen, den darüber befindlichen Giebel tragen. Im Kontext der Zusammengehörigkeit der Darstellung dürfte es sich um Theseus (rechts), Ariadne (links) und Ikarus im Giebel handeln:



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  • Braubachstraße

    Direkt neben Dom-Römer-Areal für die Neubebauung ist diese leicht orientalisch wirkende Fassade aus dem Jahr 1914 zu finden. Schön anzusehen, was der Jugenstil alles hervorbrachte.


  • Die frühere Bismarck-Mittelschule an der Hamburger Allee ...



    ... heute - noch immer bienenfleißig? - Frankfurter Schule für Bekleidung und Mode (Web).



    Bilder: Schmittchen

  • Kleine Ergänzung und Korrektur: deine Bilder zeigen Details der 1909–11 nach einem Entwurf des Magistratsbaurats Rudolf Reinicke bereits als solchen erbauten ehemaligen Städtischen Gewerbeschule, damals hieß die Straße übrigens noch Moltkeallee, Nr. 23. An der Varrentrappstraße befindet sich ein parallel entstandenes Dienstwohngebäude, Nr. 38.


    Die ehemalige Bismarck-Mittelschule, Varrentrappstraße 34–36 (heute wohl nur noch 36), liegt südlich davon zur Theodor-Heuss-Allee und wurde bereits 1907 nach einem Entwurf des damaligen Stadtbaumeisters Felix Wilhelm Waldemar Grörich erbaut. Beide Gebäude wurden im Krieg schwer beschädigt, aber ungewöhnlich ansprechend wieder aufgebaut. Von Rudolf Reinicke sind im Bahnhofsviertel mit der August-Henze-Schule und der Karmeliterschule zwei weitere Schulbauten fast vollständig erhalten. Auch für die Altbauten der Elisabethenschule und der Musterschule zeichnete er verantwortlich.

  • Fiel mir bei Heidestr. 45, #20, ein: Auch eine fensterlose Wand kann mit überschaubarem Aufwand ansprechend gestaltet werden. In diesem Fall bei einem Hinterhaus in der Hardenbergstraße (Nr. 18?), wo sie leider kaum zu sehen ist. Von der Schönstraße aus bei streetview aber immerhin zu erahnen.



    -Bild von mir-

  • Bevor sie die nächsten Tage endgültig verschwindet und mangels vorhandenen Geschmacks vielleicht in ein paar Jahren an eine Fassade geklebt wieder irgendwo auftaucht, ein Detail der Villa Helfmann, Untermainkai 34, noch in situ. Der zeitgenössischen Architektur bleibt nur zu wünschen, dass sie in 120 Jahren ohne Instandhaltung auch mal so würdevoll gealtert sein wird.



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    Das Gebäude wurde 1891/92 vermutlich nach einem Entwurf des Architekten Hermann Carl Heinrich Ahrens für Balthasar Johann Helfmann errichtet, der zusammen mit seinen Brüdern Johann Jakob und Johann Philipp ein gleichnamiges Bauunternehmen betrieb. Daraus ging 1896 die Hochtief AG hervor, die nicht nur im 19., sondern auch im 20. Jahrhundert ganz bedeutende Bauprojekte in der ganzen Welt, aber auch in Frankfurt betreut hat (u. a. Flughafen, Messeturm, Commerzbank Tower, Maintower etc.).


    Es existiert übrigens noch eine zweite Villa Helfmann in Frankfurt, nämlich das Haus Kennedyallee 97 von 1899, Architekt Johann Philipp Helfmann selbst. Trotz aller Bemühungen der 1970er Jahre, zumindest deren Umfeld schlimmstmöglich zu entstellen ist sie bis heute erhalten geblieben.

    Einmal editiert, zuletzt von RMA ()

  • Die Frankfurter "Vierfaltigkeit" ;) auf eine Fassade in der Wallstraße in Sachsenhausen gebannt:



    Bild: Marty


    • Das Stadtwappen-Federvieh - bzw. je nach Präferenz auch der Eintracht-Adler - grüßt natürlich von ganz hoch oben und strebt dem Himmel entgegen;


    • Der Apfel als identitätsstiftendes Symbol nicht nur des umgebenden Viertels, sondern der ganzen Stadt;


    • Die in der Stadt des Geldes und der Hochfinanz so enorm wichtige Einheitswährung;


    • und zu Guter letzt der bedeutende Dichterfürst aus dem Großen Hirschgraben.


    Und als Beleg für die Richtigkeit des Zitats hinsichtlich des zwar begonnenen, aber noch nicht vollendeten Traums im Hinblick auf unsere schöne Stadt fallen mir immer noch genug Bausünden ein, die es noch zu tilgen gilt ;)

  • Eine Fassade die mich schon lange fasziniert befindet sich Am Salzhaus 6. Dieses Haus hätte dringend eine detaillierte Renovierung verdient, die ursprünglichen Balkongitter würden als erster Schritt schon ausreichen



    Bild: thomasfra / größer=bitte ins Bild klicken

  • Zweifellos. Die Fassade ist von den Steinmetzarbeiten her eine der hochwertigsten der Kaiserzeit, die erhalten geblieben ist. So sah das Gebäude übrigens ursprünglich mal aus.

  • Eine eitle Schönheit wacht über die 1888 erbaute Villa Schaumainkai 37:



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  • Die Günthersburgallee im Nordend ist eine aus der Ära des Oberbürgermeisters Franz Adickes – Amtszeit 1891–1912 – stammende Entlastungsstraße der Friedberger Landstraße hin zum damals projektierten und dann kurz vor dem Ersten Weltkrieg vollendeten zweiten Promenadenring (hier: Rothschildallee). Mit diesem folgte Frankfurt am Main den damals hochaktuellen städtebaulichen Ideen Josef Stübbens. Die in dieser Zeit entstandenen letzten Baublöcke des Nordend-Ost sind von den älteren (nach 1866) gut dadurch zu unterscheiden, dass sie nicht wie bisher quadratisch oder rechteckig sondern tendenziell dreieckig bis polygonal sind.


    Der zweite Promenadenring wurde bekanntlich fertig, die für eine jede der alten Landstraßen geplanten Entlastungsstraßen blieben aufgrund des Ersten Weltkriegs Torsos oder wurden schmaler als geplant ausgeführt. Damit ist die Günthersburgallee und ihr Umfeld bis heute das einzige echte Paradebeispiel der Adickes'schen Städtebaus geblieben. Leider wurde der ältere Teil aus den 1890er Jahren, südwestlich der Rothschildallee stark kriegszerstört und ist nur noch ein Abglanz seiner einstigen Selbst. Der überwiegend in den 1900er Jahren entstandene Teil nordöstlich der Rothschildallee ist dagegen ungewöhnlich gut erhalten, auch im Hinblick darauf, was man Architektur noch lange nach dem Zweiten Weltkrieg antat.


    Die vorherrschende Bauweise ist die des offenen Blockrands, also einer Mischung aus nobler Villen- und der eher bürgerlichen geschlossenen Blockrandbauweise. Stilistisch ist der Übergang von Neogotik, -renaissance und -barock an der Grenze zum Jugendstil erreicht. Entworfen haben die bedeutendsten Architekten und Büros der Zeit, die vielfach auch im Bahnhofsviertel beschäftigt waren. Dennoch sind die Entwürfe biederer und somit „frankfurterischer“ als die etwa zeitgleichen des Bahnhofsviertels. Als bemerkenswert kann man vielleicht noch erwähnen, dass fast alle gezeigten Objekte ihrerzeit spekulativ errichtet worden sind.



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  • Im Vorbeitrag hatte ich den älteren Teil der Günthersburgallee erwähnt, der vom Friedberger Platz zum Günthersburgpark wandert und sich kurz vor der Rothschildallee an einem seltsamerweise namenslosen Platz aufweitet. Dieser Platz dürfte in seiner Architektur ursprünglich wohl eine der beeindruckendsten Anlagen des Historismus in Frankfurt am Main, sicher aber des Nordends gewesen sein.


    Leider fehlt durch Kriegszerstörung rund 75 % der ursprünglichen Bebauung, die durch gewohnt langweilige, wenn auch nicht wirklich schlechte 1950er Jahre-Architektur ersetzt wurde. Somit erinnert einzig das beeindruckende, sämtlich 1902 errichtete Ensemble der vier Häuser Günthersburgallee 46, 48, 50 und 50a (im nachfolgenden Bild von rechts nach links) daran, was uns hier verloren gegangen ist:



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    Bemerkenswert vor allem die alte Dachdeckung (anstatt Kunstschiefer mit Flechtenbefall) auf der Nr. 50, das ist mittlerweile fast so selten wie alte Fenster oder Verglasung. Ungewöhnlich reich und eher französisch – regional standen wir hier eher unter dem Einfluss des strengeren Darmstädter Jugendstils – auch die vegetabilen Dekorationen des Jugendstils an der Nr. 48.

  • An der Cronstettenstraße 2 posieren Vater, Mutter und ihre drei Kinder mit Obst an den elliptischen Arkaden. Frau Von der Leyen hätte ihre wahre Freude an dieser Musterfamilie:



    Bilder: epizentrum

  • Eine seltene Spielart des Historismus ist die orientalisierende Architektur. Sie kam in unseren Gefilden am Ende des reinen Klassizismus gegen 1840 auf und währte in ihrer ersten Phase selten über die Reichsgründung hinaus. Im Zuge der zunehmend guten Beziehungen mit der Türkei unter Wilhelm II. kam der Stil dann um die Jahrhundertwende im Späthistorismus zu einer zweiten großen Blüte. Geprägt ist der Stil von, freilich unter dem wenig differenzierten Eindruck dessen, was man damals unter „Orient“ verstand, Elementen der Architektur des nahen Ostens. Der Grund für die Rezeption war vor allem wirtschaftlicher Natur, im Zuge wachsender Handelsbeziehungen im Zeitalter des Kolonialismus verschwand endgültig das alte Schreckgespenst einer drohenden islamischen Herrschaft, das seit den Türkenkriegen Europa beherrscht hatte.


    Beliebt war die Bauweise neben der klischeehaft-naheliegenden Ausstattung von Schwimmbädern – die ersten, seit den 1820er Jahren herumgeisternden und reichlich mit europäischen Altherrenphantasien angereichterten Übersetzungen von „Tausendundeine Nacht“ dürften hier einen maßgeblichen Beitrag geleistet haben – vor allem bei vielen Synagogenneubauten des 19. Jahrhunderts. Die nach dem Ende des Ghettozwangs aufstrebenden jüdischen Gemeinden der Städte verwiesen damit ganz im Sinne des Historismus selbstbewußt auf ihre Ursprünge im Bereich des Orients.


    Ein selbst für nationale Verhältnisse sehr früher Bau dieses Stils, vielleicht der früheste in Deutschland überhaupt, war die 1840–43 nach Plänen des Stüler-Schülers Jakob Friedrich Peipers errichtete http://Alte Börse am Paulsplatz. Sie stand da, wo sich heute die Straßencafes befinden, brannte im März 1944 beim Bombardement der Altstadt völlig aus und wurde kurz nach Kriegsende abgetragen – ein Wiederaufbau wäre wohl ähnlich wie bei der Paulskirche möglich gewesen. Von außen ganz klassizistisch, war das Innere der berühmten Kathedrale von Córdoba nachempfunden, in der sich morgen- und abendländischer Stil auf zauberhafte Weise mischen.


    1855–60 folgte mit der Hauptsynagoge der jüdischen Gemeinde in der damals schon zur Börnestraße, heute Allerheiligenstraße, umbenannten ehemaligen Judengasse ein zweiter bedeutender Monumentalbau dieses Stils. Sie wurde 1938 in der Reichspogromnacht niedergebrannt und 1939 endgültig abgetragen. Nach heutigen Verhältnissen wäre sie ungefähr auf der Westseite der Kurt-Schumacher-Straße auf Höhe der Allerheiligenstraße zu lokalisieren.


    Bedeutendstes erhaltenes Beispiel dieses zugegeben selten gebliebenen Stils bleibt in Frankfurt am Main damit das sogenannte „Maurische Haus“, entstanden 1857 an der Ecke Eschenheimer Anlage / Blumenstraße für und nach Plänen des Architekten Johann Friedrich Weinsperger, der Teil einer weitverzweigten und im ganzen 19. Jahrhundert in Frankfurt tätigen Baumeisterfamilie war. Die Stadt hatte damals rund 65.000 Einwohner, das Haus war eine frei stehende Vorstadtvilla am Stadtrand, dahinter kam kilometerweise bis zum alten Ortskern von Eckenheim praktisch nichts mehr. Die bauzeitliche Farbfassung wurde meines Wissens Anfang der 1980er Jahre rekonstruiert.


    Zwei schöne Fassadendetails:



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  • Eine wahre Jugendstilperle ist das 1905 nach Plänen von K. H. Müller errichtete Sophienheim in der Böttgerstraße, einer ruhigen Parallelstraße der Rohrbachstraße im Nordend. Es dient noch heute als das Altersheim, als das es erbaut wurde. Nachfolgend ein Details des Giebels, dessen für unsere Breiten ungewöhnlich reiche Sgraffitodekoration, die man so eher in Dresden oder Leipzig erwarten würde, auch den damals aufkommenden Neoklassizismus in Form von Louis-seize-Motiven verarbeitet:



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