• Görlitz

    Da es im Deutschen Architektur-Forum bisher kaum Informationen zu Görlitz gibt, will ich einen eigenen Thread zu Görlitz eröffnen und gleich ein paar Eindrücke von meiner letzten Görlitz-Reise beisteuern.


    Insgesamt fand ich es doch erstaunlich, wieviel in Görlitz doch saniert wird. Im Zentrum der Sanierungsaktivitäten steht dabei der Stadtteil Königshufen. Königshufen wurde von 1977 bis 1986 nach Entwürfen von Günter Püschel (Städtebau), Rochus Schrammek (Verkehr/Stadttechnik), Hans Prugger (Freiflächen) und D. Israel (Hochbau) erbaut und verfügte ursprünglich über knapp 6000 Wohnungen. Errichtet wurden fünfgeschossige Großblockbauten des Typs IW 64 „Brandenburg“, fünf- und sechsgeschossige Plattenbauten des Typs WBS 70 und sechsgeschossige Punkthäuser als Sonderlösungen in traditioneller Bauweise.


    In Königshufen sind derzeit umfangreiche Baumaßnahmen im Gange, die nicht nur Sanierungen, sondern auch Teilrückbauten umfassen. Ein Projekt ist die Sanierung und der Umbau der Wohnblöcke Nordring 36-74. Den Ausgangspunkt bilden sechs unsanierte Wohnblöcke des Typs IW 64 „Brandenburg“ Die Bauarbeiten umfassen den Teilrückbau der Blöcke von fünf auf drei Geschosse, den Anbau eines Wärmedämm-Verbundsystems, den Anbau neuer Balkone, die Sanierung der Sanitär- /Elektroleitungen und die Sanierung der Innenräume. Außerdem erhält ein Teil der Wohnungen größere (raumhohe) Wohnzimmerfenster. Die Aufgänge Nordring 40 und 62 wurden komplett abgerissen. Diese Häuser bildeten eine Ecksituation und ließen sich daher vermutlich schwerer vermieten. Der Bauherr ist die Wohnungsbaugesellschaft Görlitz mbH (WBG), die Bauarbeiten sollen vom 31.3. bis zum 31.12.2012 laufen. Der Rückbau erfolgt im bewohnten Zustand, die Mieter müssen dann während der Abrissarbeiten an einem Tag von 7 bis 20 Uhr ihre Wohnungen verlassen. Hier gibt es ein paar Fotos:






    Projekt 2 ist der Umbau der Wohnblöcke Alexander-Bolze-Hof 4-30. Bei diesem Gebäuden handelt es sich um unsanierte sechsgeschossige Plattenbauten des Typs WBS 70. Die Bauarbeiten umfassen einen Teilrückbau auf drei bis vier Geschosse, den Anbau eines Wärmedämm-Verbundsystems und die Sanierung der Innenräume. Auch in diesem Fall ist der Bauherr die WBG, und auch hier erfolgt im der Rückbau im bewohnten Zustand. Die Planung stammt von dem Görlitzer Büro Architektur Ingenieur Partnerschaft (AIP) Görlitz.




    Ähnlich wie das vorhergehende Vorhaben ist das dritte Projekt. Hier geht es um den Teilrückbau und die Sanierung des Wohnblocks Lausitzer Straße 32-38. Der sechsgeschossige Wohnblock des Typs WBS 70 wird auf vier Geschosse zurückgebaut und saniert. Bauherr ist wieder die WBG.



    Bereits fertig gestellt ist der Teilrückbau des WBS 70 - Blocks Wendel-Roskopf-Straße 8-14, der im letzten Jahr von der WBG auf drei Geschosse zurückgebaut wurde.


    Die Wohnblöcke Nordring 82-100 wurden bereits 2010 zurückgebaut und saniert. In diesem Fall war der Bauherr die Wohnungsgenossenschaft Görlitz (WGG).



    Aber auch Privateigentümer tragen zum Sanierungsgeschehen bei. Aktuell im Bau ist das Punkthaus Am Wiesengrund 28. Bei diesem Gebäude handelt es sich um einen altersgerechten Wohnblock, der in traditioneller Bauweise errichtet wurde und der über einen Aufzug verfügt. Daher wird es in diesem Fall keinen Teilrückbau, sondern nur eine energetische Sanierung geben.



    Nähere Informationen zum Stadtumbau in Königshufen gab der Geschäftsführer der WBG, Arne Myckert, am letzten Mittwoch auf einem Kongress des Bundesbauministeriums. Demnach hätte es in der Görlitzer Stadtentwicklungspolitik in jüngster Zeit einen Paradigmenwechsel gegeben. Görlitz hat ja mit sinkenden Einwohnerzahlen und erheblichen Wohnungsleerständen zu kämpfen. Früher hatte die WBG auf diese Probleme mit Totalabrissen reagiert. Die Praxis hatte allerdings gezeigt, dass diese Totalabrisse mit erheblichen Nachteilen verbunden waren.
    Erstens führten Totalabrisse zur Zerstörung städtebaulicher Strukturen.
    Zweitens entsprachen Totalabriss nicht der realen Wohnungsnachfrage. In den fünf- und sechsgeschossigen Wohnbauten ohne Aufzug war die Lage so, dass die oberen Wohnungen leer standen, die unteren Wohnungen aber gut vermietet waren. Totalabrisse haben nicht nur die unbeliebten Wohnungen in den oberen Etagen, sondern auch die beliebten Wohnungen in den unteren Etagen beseitigt.
    Drittens waren Totalabrisse mit erheblichen Aufwendungen für den Umzug der betroffenen Mieter verbunden. Trotz aller Bemühungen ist es der WBG nicht gelungen, alle Abrissmieter in Königshufen zu halten, weil viele Abrissmieter nicht bereit waren, in die angebotenen Ersatzwohnungen (die sich meist in den oberen Etagen befanden) zu ziehen.
    Viertens führten die Totalabrisse zu einer Vernichtung von Bilanzwerten der WBG.


    Folgerichtig sind sowohl die WBG als auch die WGG von der Strategie des Totalabrisses abgekommen. Stattdessen setzen beide Unternehmen jetzt auf den Teilrückbau und gemeinsame Umbaukonzepte. Der Teilrückbau ist zwar mit 250 Euro pro Quadratmeter teurer als der Totalabriss, der nur 50 Euro pro Quadratmeter abgerissener Wohnfläche kostet. Allerdings wäre der Teilrückbau langfristig gesehen nachhaltiger, weil es nur durch ihn gelingen würde, Königshufen nachhhaltig zu stabilisieren.


    Nebenbei ging Myckert auch auf die Probleme in den Gründerzeitbeständen ein. Görlitz verfügt ja über große Gründerzeitbestände, die sich aber schwer vermieten lassen. Myckert illustrierte die Probleme am Beispiel der Sanierung des Gründerzeithauses Jochmannstraße 10a. Diese Sanierung geht auf einen Vertrag zwischen der WBG, der Stadtverwaltung und dem damaligen Regierungspräsidium Dresden aus dem Jahr 2007 zurück. Damals stellte die WBG den Antrag auf den Abriss von 12 leerstehenden, aber denkmalgeschützten Altbauten. Nach langen Verhandlungen bekam die WBG schließlich die Abrisse genehmigt, im Gegenzug musste sie sich allerdings zur Sanierung von drei denkmalgeschützten Altbauten (Elisabethstraße 23, Mittelstraße 14 und eben Jochmannstraße 10a) verpflichten.


    Im Mai letzten Jahres wurde die Sanierung fertiggestellt. Die Vermietung der fünf sanierten Wohnungen gestaltete sich allerdings extrem schwierig. Erst vor kurzem konnte die WBG drei Mietverträge unterschreiben.



    Auch nach meinem Eindruck gibt es gerade in den Gründerzeitquartieren extrem viel Leerstand, und das, obwohl schätzungsweise 80 Prozent aller Häuser saniert sind. Einige sanierte Häuser stehen sogar komplett leer. An vielen Häusern sind Vermietungsschilder zu finden.






    Alle Fotos: Klarenbach

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  • Wundert mich aber auch nicht, dass sich die Altbauten auch in saniertem Zustand kaum vermieten lassen. Man darf mal nicht vergessen, dass der Plattenbau von vielen Menschen sehr geschätzt wird, und vorallem jene, die bereits seit 20, 30 oder gar 40 Jahren darin wohnen, gar keinen Grund sehen in einen Altbau an anderer Stelle umzuziehen. Vor allem wenn man bedenkt dass Görlitz einen eher hohen Altersdurchschnitt hat. Sanierte Altbauten sind daher eher etwas für die Jüngeren die darin aufwuchsen, und 'die von der Platte die nase voll haben' - oder Zuziehende. So erklärt sich letztlich auch die extreme Nachfrage nach sanierten Altbauwohnungen in zuzugsstarken und fluktuationsstarken Großstädten.


    Weiterhin sucht ja auch der Altbauliebhaber intakte Straßen- und Viertelstrukturen. Ein, zwei sanierte Häuser in einer an sonsten eher verwahrlosten Gegend sind nicht attraktiv. Wie exakt die Situation dort jetzt ist, kann ich von deinen Fotos her nur schwer einschätzen.


    Könnte man diese ganzen Straßenzeilen einfach nach Nürnberg verfrachten, man würde die Wohnungen den Anbietern förmlich aus der Hand reissen.

  • Respekt, einen Strang über Görlitz mit Bildern von Platten zu eröffnen ist mal was anderes^^.


    Die Neubaugebiete sind nicht beliebter als sanierte Altbauten. Ein Großteil des Einwohnerrückgangs ist nach der Wende über diese Viertel abgewälzt worden. Das Klientel ist wie schon hier erwähnt alt Eingesessen. Zuzügler werden sich dort kaum noch ansiedeln. Es ist aber auch logisch, dass bei der enormen Zahl an Altbauten nicht alles gehalten werden kann. Wenn man hier oben Fotos von 2 sanierten Häusern sieht, während der Rest der Straße noch ruinös ist, ist es klar, dass Neuankömmlinge sich erst da niederlassen wo schon etwas mehr saniert wurde.

  • unter folgendem Link kannst du dir einen Eindruck von Görlitz machen:


    Link


    Verwahrloste Gegenden hat man in Görlitz eigentlich nicht.

  • ^ Korrekt. Hinzu kommt, dass man sogar relativ erfolgreich mit der Vermittlung großzügiger Altbaueigentumswohnungen an ebendiese Alten ist, die eben die bauliche Geschlossenheit Görlitz' und die größtenteils sanierten und intakten Altbauviertel schätzen. Klarenbachs Fotos geben insofern natürlich nur den Blick durch die altbauverliebte Brille wieder.

  • Zunächst einmal zum Sanierungsstand der Altbauten. Ich würde schon sagen, dass der Sanierungsstand relativ hoch ist, ich würde ihn auf rund 80 Prozent schätzen. Daher machen die Altbauquartiere nicht unbedingt einen verwahrlosten Eindruck.

    Dass es in den Altbauquartieren dennoch so hohe Leerstände gibt, hat meines Erachtens mit der ökonomischen Lage in Görlitz zu tun. Görlitz ist eine arme Stadt, die Stadt leidet unter einer der höchsten Arbeitslosenquoten in Deutschland, zudem gibt es in Görlitz das niedrigste Lohnniveau in Deutschland. Die kommunale Wirtschaftsförderungsgesellschaft Europastadt Görlitz Zgorzelec GmbH wirbt sogar mit diesem Lohnniveau.


    In den Gründerzeitquartieren dominieren herrschaftliche Wohnungen, die damals für Mieter mit hohen Einkommen errichtet worden waren. Dort gibt es viele große Wohnungen, die über 100 Quadratmeter groß sind. Viele Görlitzer können sich diese Wohnungen nicht leisten. Selbst wenn die Nettokaltmieten niedrig sind, so müssen noch immer hohe Betriebskosten gezahlt werden. Zudem müssen diese großen Wohnungen saubergehalten werden. Die reichen Bewohner von früher hatten dafür Dienstpersonal, die armen Görlitzer von heute können sich Dienstpersonal nicht leisten und müssten diese Wohnungen selbst reinigen. Vielen ist das zu anstrengend. Ein besonderes Problem stellen Eckhäuser dar. Hier stellt sich das Problem, dass Wohnungen nur dann vermietbar sind, wenn sie große Balkone zum ruhigen Hof bieten. Bei Eckhäusern lassen sich solche Balkonanbauten aber nicht realisieren. Daher sind Eckhäuser besonders vom Leerstand betroffen.


    Königshufen bietet dagegen durchaus mehrere Vorteile. Einerseits liegt der Stadtteil durchaus zentral. Mit der Straßenbahn gelangt man in fünf Minuten in die Innenstadt. Zudem gibt es dort gute Einkaufsmöglichkeiten. Am Rande von Königshufen befindet sich das Einkaufszentrum Marktkauf mit mehreren Super- und Fachmärkten. In den Gründerzeitvierteln mangelt es dagegen an Supermärkten. Einige Blöcke in Königshufen sind auch landschaftlich sehr schön gelegen. Königshufen liegt ja auf einer Anhöhe, von einigen Blöcken, wie in der Gersdorfstraße, hat man einen sehr schönen Blick auf die Altstadt. Die dortigen Blöcke werden daher auch nicht teilrückgebaut, sondern mit Aufzügen ausgestattet, weil dort eben auch die oberen Etagen vermietet sind. Die Plattenbauwohnungen sind sicher keine Luxuswohnungen, aber sie bieten praktische Grundrisse und ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. Die WBS 70 - Blöcke bieten große Balkone, die bei den Mietern sehr beliebt sind.


    Daher sind auch alle Versuche der Stadtverwaltung, die Mieter in Königshufen zum Umzug in die Altbauquartiere zu bewegen, gescheitert. 2007 hat die Stadtverwaltung ja sogar begonnen, den Plattenbaumietern jeden Monat eine Postkarte zu schicken, die für das Wohnen im Altbau geworben hat. Diese Aktion musste dann wegen massiver Proteste abgebrochen werden.


    Letztendlich hängt also das Schicksal der Görlitzer Altbauten an der Wirtschaftsentwicklung. Wenn es mit der Görlitzer Wirtschaft bergauf geht, wenn es zu Einwohnerzuwächsen und Lohnsteigerungen kommt, dann dürften die Altbauquartiere gute Perspektiven haben. Ansonsten wird es schwierig.

  • Der Propaganda sollte man vielleicht mal ein paar Zahlen gegenüberstellen:


    - Die Einwohnerzahl der Görlitzer Altstadt hat sich seit 2003 von 2149 auf 2350 Einwohner erhöht.
    - Die Einwohnerzahl der Nikolaivorstadt hat sich seit 2003 von 1492 auf 1510 Einwohner erhöht.
    - Die Einwohnerzahl der Görlitzer Innenstadt hat sich seit 2003 von 13660 auf 14659 Einwohner erhöht.
    - In der Südstadt ist die Bevölkerungszahl nahezu konstant geblieben.


    So also die Situation in einigen Stadfteilen mit historischer Bebauung. Und das so gepriesene Köngishufen? Das hat seine Einwohnerzahl zwischen 2003 und 2010 von 10245 auf 8264 verringert. Das Durchschnittsalter liegt mit 53 Jahren satte 13 Jahre oder mehr über dem der erwähnten, laut Freund Klarenbach eher perspektivlosen Staddteile. Noch Fragen?


    Quelle: Das teuflische Wikipedia

  • lguenth1:
    Das unterstreicht ja die Argumentation der beliebten Plattenbauten irgendwie. Ich meine wenn da früher noch Familien mit Kindern gewohnt haben, sind diese Kinder jetzt ausgezogen. Die Eltern wohnen ggf. auch als Rentner nun dort (zufrieden) weiter. Das ist auch in anderen Städten mit Plattenbauvierteln so.
    Ich vermag nicht zu prognostizieren, wie es künftig aussehen wird. Die meisten, die in der Platte groß geworden sind wünschen sich ja die Vorzüge des Altbaus und würden sicher gern in die Stadt ziehen. Aber auch richtig, auf einen Balkon verzichtet heute keiner mehr wenn er bereit ist ein bissl was für eine Wohnung auszugeben.


    Aber diese Entwicklung wird noch lange dauern, dazu müsste sich die Bevölkerung von Görlitz innerhalb von ein oder zwei Jahrzenten austauschen.
    Nur wenn Görlitz ingesamt einen Einwohnerzuwachs verzeichnet, haben die Viertel eine Chance.

  • Ich vermag nicht zu prognostizieren, wie es künftig aussehen wird. Die meisten, die in der Platte groß geworden sind wünschen sich ja die Vorzüge des Altbaus und würden sicher gern in die Stadt ziehen. Aber auch richtig, auf einen Balkon verzichtet heute keiner mehr wenn er bereit ist ein bissl was für eine Wohnung auszugeben.


    Doch, ich zum Beispiel. Mir wären haufenweise andere Dinge wichtiger als ein Balkon:
    Richtige Wohnungseingangstüren – vielleicht kennt ja auch ihr Gründerzeithäuser, die Standard-Spanplatten-Wohnungseingangstüren eingebaut haben, oder Häuser mit geänderten Grundrissen, wo die originale Tür nur zu einem Vorraum führt;
    kein übermäßig auftragender Fußbodenaufbau: Wenn es in die Wohnung eine große Stufe hochgeht und an den Fenstern Brüstungserhöhungen montiert werden mussten, wird das bestimmt nicht meine Wohnung;
    originale Zimmertüren bringen bei mir zehnmal so viele Pluspunkte wie ein Balkon …


    Trotzdem besteht kein Zweifel, dass ein Balkon für die Vermietung förderlich ist, doch das hier ist überzeichnet:

    Ein besonderes Problem stellen Eckhäuser dar. Hier stellt sich das Problem, dass Wohnungen nur dann vermietbar sind, wenn sie große Balkone zum ruhigen Hof bieten. Bei Eckhäusern lassen sich solche Balkonanbauten aber nicht realisieren. Daher sind Eckhäuser besonders vom Leerstand betroffen.


    Ganz sicher gibt es auch Eckhäuser, bei denen ein Balkonanbau gelungen ist. Und für Eckhäuser sind neben dem „Balkonproblem“ auch einige Vorteile vermietungsrelevant: bspw. oft interessante Grundriss(-möglichkeiten), interessante Ausblicke und repräsentative Lage.

  • @ Hannes kuhnert


    Jap, ich verstehe dich, ich wohne auch in einem Jugendstilaltbau, allerdings erinnert nur noch die Hälfte daran. Es ist eine Spanplattentüre als Wohnungstür angebaut und eine riesige Aluminiumtür ist die Haustüre. Die Wohnungsgrundrisse sidn auch (leicht) verändert. Allerdings habe ich noch die original Deckenhöhe, das Holztreppenhaus und die Stuckhohlkehle. Gerne tauschte ich die Wohnung gegen eine echte Gründerzeitwohnung, aber exakt wie du sagst, keinesfalls in etwas kaputt saniertes wie hier beschrieben. Insofern verstehe ich.


    Allerdings wenn man die wahl hat und einen Balkon haben kann, was bietet dann das Eckhaus stattdessen, wenn halt kein Balkon dran ist?
    Immerhin wurden ja in manchen Eckgebäuden zu deren errichtungszeit schon Loggien eingebaut. Denn die Balkonlust gibts sicher nicht erst seit gestern.

  • In der Tageszeitung Die Welt vom 11.8.2012 erschien ein ziemlich deprimierender Artikel über den Immobilienmarkt in Görlitz. Der Wohnungsleerstand liegt demnach bei über 50 Prozent, leere Gewerberäume werden mit Kunstgegenständen kaschiert. Ein Görlitzer Immobilienmakler berichtet, dass die Nachfrage in diesem Jahr nochmals deutlich zurückgegangen wäre. Mittlerweile würden die Vermieter alles mögliche versuchen, um Mieter zu ködern. Einige würden ein halbes Jahr mietfreies Wohnen anbieten, andere würden die Umzugs- und Einrichtungskosten übernehmen. Folgerichtig gibt es Probleme, Eigentümer für die Altstadthäuser zu finden, viele Häuser werden auf Zwangsversteigerungen regelrecht verramscht. Als Ursache für die Probleme wird der Mangel an Arbeitsplätzen benannt.


    http://www.welt.de/print/wams/…-gespaltene-Republik.html


    Angesichts dieser Realitäten stellt sich natürlich die Frage, ob der Niedergang ein unvermeidliches Schicksal ist oder ob es nicht doch Möglichkeiten gibt, der Krise zu entkommen. Diese Frage stellt sich noch deutlicher angesichts eines Artikels aus der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 5.8.2012, der geradezu euphorisch über den Boom in der ungefähr gleich großen Stadt Greifswald berichtet. Greifswald ist in vieler Hinsicht ein Kontrastprogramm zu Görlitz. Hier gibt es wachsende Einwohnerzahlen, niedrige Wohnungsleerstände und einen wachsenden Bedarf nach Wohnungsneubauten. Für etliche Wohnungen gibt es sogar Wartelisten. Es geht also auch anders.


    http://www.faz.net/aktuell/wir…m-am-bodden-11844346.html


    Sicher ist es so, dass Greifswald Vorteile durch seine Universität hat. Und doch denke ich, dass die Greifswalder Stadtverwaltung sich vielleicht doch engagierter um Investoren und Zuzügler bemüht hat als die Görlitzer Stadtverwaltung, die zu lange auf die Schönheit der Stadt vertraut hat.

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  • Der Vergleich mit Greifswald ist, ich will mal sagen "ungeschickt". Die Stadt profitiert von der zunehmenden Beliebtheit der gesamten Ostseeküste als Ziel für Inlandstouristen. Hier rührt die Nachfrage vorallem nach Neubauten im Stadtzentrum auch daher, dass man in der Zone etliches verfallen lies und später Abriss. Es ist also viel weniger Altbausubstand vorhanden die als Wohnraum dienen könnte im Vergleich zu Görlitz. Dann ist Görlitz durch seine Lage auch immer noch abängig von der Prosperität seiner Nachbarn, genau wie das ebenfalls sehr schöne Zittau. Und, nicht zu vergessen der ewig weite Weg für potentielle Zuzügler aus den alten Bundesländern. Sachsen ist ja Richtung Westen auch nicht unbedingt abstoßend. Wer Geld hat zum investieren oder studieren will findet also schon bevor er in Görlitz landen könnte genug Betätigungsfelder die näher an seiner Heimat sind. Die Hochschule hat ein sehr technisches Profil. Das ist in Konkurrenz zur TU Dresden auch nicht unbedingt ein zu Görlitz tendierender Entscheidungsfaktor

  • Am 12. Juni habe ich über den Vortrag von Arne Myckert, dem Geschäftsführer der Wohnungsbaugesellschaft Görlitz, auf dem Bundeskongress Stadtumbau Ost am 6. Juni 2012 berichtet. Mittlerweile ist die Powerpoint-Präsentation zu seinem Vortrag online. Diese Präsentation ist ganz interessant, weil sie noch einmal stichpunktartig deutlich macht, weshalb ein Totalabriss von Plattenbausiedlungen keine geeignete Methode zur Leerstandsreduzierung ist. Außerdem zeigt sie Visualisierungen zur Zukunft von Königshufen. Insgesamt machen diese Konzepte doch einen sehr positiven Eindruck.


    http://www.stadtumbau-ost.info…ngress/2012/4_Myckert.pdf

  • Meiner Meinung nach sollte man im Altstadtbereich konsequent die rückseitige Bebauung entfernen und die Höfe begrünen.Nur so lässt sich das Überangebot verringern ohne das in das historische Straßenbild eingegriffen werden muss.
    Natürlich sind die Häuser in Privatbesitz und man kann keinem Eigentümer vorschreiben,dass er sein Hinterhaus abreissen soll.Aber man kann Fördermittel an bestimmte Bedingungen knüpfen bzw für den Abriss der Hinterbebauung ausloben.


    Bei den Platten würde ich weiter konsequent ausdünnen.Einen Restbestand auch hier erhalten und sanieren,aber soweit sich die Blocks in kommunalem Eigentum befinden,würde ich für einen grossflächigen Rückbau plädieren.


    Einzelne Geschosse runterzubauen ist recht teuer und daher nur in Einzelfällen angebracht.

  • Sowas muss man individuell entscheidern meine ich. Hat die Plattensiedlung eine absehbare Chance sich zu stabilisieren sollte man auf Rückbau statt Abriss setzen. Das Risiko sich zu verspekulieren ist dabei aber recht hoch. Man stelle sich vor es wird aufwendig umgebaut und 10 Jahre später stellt man fest es sind trotzdem noch unvermietbare Überkapazitäten da. Dann zahlt man doppelt.
    Der Abriss ist aber auch nicht ohne. Häufig wird nur bis zum Erdgeschoss abgerissen und die Keller aufgrund der hohen Abrisskosten zugeschüttet. Damit hat man zwar die Überkapazität beseitigt aber das Gelände für anderweitige Nachnutzung neben der als Grünfläche, z.Bsp. für Eigenheime, unbrauchbar gemacht.
    Nach dem annähernd vollständigen Abriss der Zwickauer Plattensiedlung in Eckersbach (http://www.freiepresse.de/LOKA…esicht-artikel7937549.php) muss man für das dort jetzt angedachte neue Fußballstadion wahrscheinlich nachträglich Keller entfernen. Planloses Abreissen kann also tatsächlich Spätfolgen haben die man glaubte Loszusein.

  • Sicher ist es richtig, über die Umbaustrategie für Plattenbausiedlungen nach der konkreten Lage zu entscheiden, da würde ich Saxonia Recht geben. In wachsenden Städten wie Berlin, Potsdam, Dresden oder Jena dürfte ein Teilrückbau in der Regel nicht sinnvoll sein, weil dort jede Wohnung gebraucht wird. Dann gibt es Orte wie Eggesin, deren Zukunft prinzipiell unsicher ist. Hier dürfte eine Sanierung mit Teilrückbau auch nicht sinnvoll sein.


    Es gibt aber gerade in Ostdeutschland viele Städte, die zwar Bevölkerungsrückgänge verzeichnen, die aber dennoch langfristig eine Perspektive haben dürften. In diesen Städten dürfte ein Umbau der Plattenbausiedlungen für sinkende Einwohnerzahlen durchaus Sinn machen. Natürlich muss auch solchen Projekten eine gründliche Analyse der jeweiligen Siedlungen und Gebäude vorangehen. Dabei spielen Faktoren wie die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr, die Ausstattung mit Schulen und Kindertagesstätten, das Angebot an Handeleinrichtungen und Ärzten, die landschaftliche Lage (Gibt es schöne Ausblicke?), die stadtstrukturelle Einbindung, das konkrete Wohnungsangebot (Welche Plattenbautypen dominieren? Verfügen die Häuser über Aufzüge? Verfügen die Wohnungen über Balkone? etc.), die städtebauliche Gestaltung, die derzeitige und künftige Wohnungsnachfrage in der jeweiligen Stadt (Wie wird sich die Bevölkerungszahl entwickeln? Wie hoch sind die Einkommen? Wie hoch ist der Anteil an Hartz IV - Empfängern? Wie groß ist der Anteil an Senioren? Wieviele junge Familien gibt es?) eine Rolle. In vielen Fällen gibt es auch innerhalb einer Plattenbausiedlung bessere und schlechtere Lagen.


    Ausgehend von dieser Analyse muss dann die konkrete Umbaustrategie entwickelt werden. Dabei sind verschiedene Maßnahmen denkbar: der Teilrückbau einzelner Geschosse, der Abriss einzelner Segmente, um sehr lange Blöcke aufzulockern, der Einbau von Aufzügen, der Abriss von Wohnblöcken in sehr dicht bebauten Bereichen, die Stilllegung der oberen Etagen, der Abriss mit anschließender Neubebauung, hierbei können auch die Keller der Abrisshäuser wiederverwendet werden (dies wurde in Magdeburg realisiert). Es gibt also eine breite Palette an Möglichkeiten, die alle ihre Berechtigung haben können. Es gibt zahlreiche Fälle, in denen Plattenbausiedlungen durch diese Maßnahmen erfolgreich aufgewertet worden sind. Problematisch allerdings finde ich eine Strategie, die sich vor allem auf den Abriss beschränkt und auf Aufwertungsmaßnahmen verzichtet. Eine solche Strategie führt in der Regel zur Entwicklung sozialer Brennpunkte und zur weiteren Abwertung der betroffenen Quartiere.


    In diesem Kontext habe ich auch den Vortrag von Herrn Myckert verstanden. In Königshufen wurden jahrelang nur Totalabriss-, aber keine Aufwertungsmaßnahmen durchgeführt. Diese Strategie hat aber nicht zu einer Stabilisierung, sondern zu einer Abwertung von Königshufen geführt. Diese Erfahrungen haben die Wohnungsunternehmen nun zu einer Strategieänderung bewegt. Dabei gibt es übrigens nicht nur Teilrückbauten, sondern es wurden auch Wohnblöcke mit Aufzügen nachgerüstet. Ich denke, dass die Chancen für eine Stabilisierung von Königshufen sehr gut stehen, da dieser Stadtteil über zahlreiche Vorteile verfügt, wie: gute Anbindung an das Straßenbahnnetz, eine Entfernung von 5 Fahrminuten von der Altstadt, die gute Ausstattung mit Schulen, Kindertagesstätten und Einkaufsmöglichkeiten, eine landschaftlich schöne Lage oberhalb der Stadt. Rund zwei Drittel des Wohngebietes besteht aus flexiblen WBS 70-Blöcken mit 6 Meter breiten Balkonen. Für die Zukunft ist eine Verlängerung der Straßenbahn von Königshufen-Marktkauf bis zum Krankenhaus geplant, diese wird die stadtstrukturelle Lage von Königshufen nochmals verbessern. Daher denke ich schon, dass eine Aufwertung von Königshufen gelingen wird.

  • Hi,


    hier mal ein paar Bilder von Görlitz aus 2012, vlt. nicht grad die aktuellsten aber man sieht was die Stadt ausmacht.


    Berliner - Ecke Salomonstraße


    Postplatz mit Frauenkirche und Gründerzeitkaufhaus (hinter Frauenkirche)


    Gründerzeitkaufhaus


    Obermarkt


    Untermarkt


    Rathaus


    Brüderstraße


    Apothekergasse


    Neissstraße



    MfG
    Christian

  • Blick nach Zgorzelec


    Blick vom Reichenbacher Turm aus:


    Auf den Demianplatz


    Häusermeer der Altstadt


    Obermarkt von obern


    Theater am Demianplatz


    MfG
    Christian

  • Gründerzeitviertel um die Altstadt rum:


    Westseite Brautwiesenplatz


    leider keine genaue Bezeichnung müsste aber irgendwo um den Brautwiesenplatz herum sein!


    Augustusstraße (Bild 2 auf alle Fälle, bei Bild 1 bin ich mir icht ganz sicher, is aber in der Nähe)



    MfG
    Christian