Beim Europaviertel hat man alles falsch gemacht das man falsch machen kann.
Das fängt schon beim sinnlosen Skyline Plaza an, das nur als UEC mit überregional anziehenden Attraktionen eine Existenzberechtigung gehabt hätte, aber definitiv nicht als Parkhaus mit angeschlossener Mini-Mall die trotzdem so groß ist dass sie das Leben aus der Straße saugt. Geht weiter bei der kaum vorhandenen Nutzungsmischung im restlichen Viertel, die so ebenfalls der Urbanität nicht zuträglich ist.
Dann ist auch der Städtebau komplett misslungen: Herr Speer hat sich hier viel zu sehr von seinem Vater inspirieren lassen, stattdessen hätte er eher schauen sollen wie man 50 Jahre vorher wirklich gelungenen Städtebau betrieben hat. Gerade hier hätte es ein dichtes urbanes Viertel gebraucht, keine Monstrosität mit überdimensionierten Baukörpern (weniger bezüglich der Höhe sondern besonders der Parzellenbreite vor Allem an der Europaallee) und riesigen nutzlosen Abstandsflächen. Weite tötet Urbanität fast immer. Daher ist natürlich auch die Europaallee selbst viel zu breit. 30m Breite hätten locker ausgereicht für alle verkehrlich vorgesehenen Nutzungen und würden gleich viel urbaner wirken. 60m machen nur Sinn als Prachtstraße mit entsprechenden Nutzungen in prächtigen Gebäuden. Aber dann hätte sie ein Monarch aus der Barockzeit oder zumindest Kaiser Wilhelm in Auftrag geben müssen. Die heutige Deutsche Gesellschaft mit ihrem verbreiteten regelrechten Selbsthass und Anti-Patriotismus bekommt sowas erst recht nicht hin. Außerdem fehlt für diese Breite auch die entsprechende verkehrliche Bedeutung.
Und dann natürlich das ewige Dauerthema der zum Großteil völlig misslungenen Architektur. Genau wegen ihr finde ich noch nicht mal "Stalinallee" als passende Bezeichnung, denn jene hat immerhin noch eine halbwegs ansehnliche Architektur zu bieten. Die Europaallee zeigt für mich eher das schlechteste aus den 70ern komprimiert: im Westteil eine beliebige westdeutsche Großwohnsiedlung, im Ostteil Marzahn.
Gute Projekte dagegen brauchen keine Bäume oder Patina, die wirken von Anfang an großartig (siehe die historisierenden Teile von Dom-Römer).
Talkin' 'bout Europaviertel (Basisdebatte)
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Also das Römerviertel ist doch ein komplett verkehrtes Gegenbeispiel. Erstens mit deutlich höheren Investitionssummen pro qm, zweitens subventioniert ohne Ende, und drittens mit einigen öffentlichen Bauten dazwischen.
Wenn man schon im Vergleich kritisieren will, dann muss man auch passende Beispiele finden.
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zu #205:
Das sind genau die Punkte, die ich gemeint habe. Nur deutlich besser und ausführlicher beschrieben
Natürlich sind die Baukosten im DomRömer-Areal sehr hoch. Dadurch verliert das Projekt leider etwas von seiner Vorbildfunktion. Das gebaute Ergebnis wird es aber trotzdem wert sein.
Die hohen Baukosten lagen aber wahrscheinlich auch daran, dass hier der Staat baut. Außerdem war der gesamte Prozess ja sehr aufwendig: Architektenwettbewerbe (mehrere?), mehrere Umplanungen, massive Bürgerbeteiligung etc. Auch die Kosten der zweigeschossigen Tiefgarage sind wahrscheinlich nicht wenig.Mit einigen Einsparungen wäre das DR-Projekt wahrscheinlich deutlich günstiger geworden und hätte so eine bessere Vorbildfunktion übernehmen können.
Ein anderes Beispiel wäre aber das Gründungsviertel in Lübeck. Hier entsteht ein Stadtviertel in kleinteiliger Bebauung, allerdings bauen hier private Bauherren selbst. Die Stadt teilt nur die Parzellen auf, legt Gestaltungsrichtlinien fest und verkauft die einzelnen Grundstücke. Dies könnte wahrscheinlich besser als "Vorbildprojekt" dienen als das DomRömer-Areal, weil es einigermaßen bezahlbar ist.
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Das geht jetzt aber ziemlich durcheinander. Eigentlich willst du gar nicht über das Europaviertel diskutieren, sondern allgemein dein diffuses Unbehagen über zeitgenössische Architektur und Städtebau ausbreiten, oder? Ein wenig missionieren und vielleicht auch ein bisschen Werbung für deinen Blog machen, richtig?
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"Weite", "Grosszügigkeit", die "Strassen breiter", keine "engen Wege".
Sind ziemlich genau die Parameter für die allseits geliebt/gehassten Plattenbauviertel.
Ich denke schon, dass man im EV gut leben kann. Schlechtere Architektur entsteht in anderen großen Neubauvierteln auch nicht unbedingt. Wirklich Schade ist die misslungene Europaallee. Der mutige, weil ja eigentlich nicht gut beleumeundete Gestus einer breiten Hauptmagistrale wird leider von völlig ambitionslosen Gebäuden gerahmt. Mann könnte Wohnmaschinen dazu sagen, wenn die Preise nicht wären. -
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Nein, nein.
Ich meine die Parameter von "Kurfürstendamm und Seitenstrassen" bzw. vielen anderen vergleichbaren Vierteln in Berlin [in HH gibt es auch zahlreiche Beispiele, München hingegen ist (jedenfalls in den klassischen Blockrand-Gebieten) schon deutlich enger].Man kann wirklich alles verdrehen, wenn man es verdrehen will - auch wenn man "zwinkert". Ich denke, in dem positiven Sinne wie ich das bzgl. des EV gemeint habe, hat es auch jeder verstanden - und umgekehrt !. Diese Begriffe waren Zitate aus den Textbeiträgen von anderen Foristen und ausnahmsweise einmal nicht einer meiner "Refrains".
Ob allerdings jedermann von diesen Zitaten auch überzeugt ist, ist natürlich eine ganz andere Sache. Für diesen Diskurs gibt es ja gerade dieses Forum.Das Europaviertel mag einige negative Eigenschaften haben (insbesondere der Verweis auf die Möglichkeit, das ganze Gebiet als klassischen Blockrand zu konzipieren hat schon Gewicht).
An ein "Plattenbauviertel " erinnert es allerdings wirklich nicht - noch nicht ! (warten wir erst einmal die garstige oberirdische U-Bahn ab, dann erst kann man das EV einigermassen abschliessend bewerten). -
Der Vergleich mit einem Villenviertel passt schon eher. Es handelt sich um Solitäre, nicht um Blöcke.
Was mich oft an solchen Vierteln stört ist die Wiederholung eines Typs. Das ist schonmal das erste Zeichen von eingespartem Aufwand. 3x das gleiche Gebäude in Reihe.
Der Zwang jedes Gebäude unterschiedlich zu gestalten könnte doch Inhalt eines Bebauungsplans sein, oder?
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@ m.Ro80
Der Plattenbau-Vergleich war gar nicht so negativ gemeint. Es hatte schon seine Gründe, dass diese Viertel in der Anfangszeit recht beliebt waren. Und die von dir angesprochenen Faktoren gehören dazu. Die bis in die späten 70er gebauten Viertel hatten auch einen weitaus höheren ästhetischen und städtebaulichen Anspruch als die aus den 80er Jahren. Hier führte die sich verschärfende Wohnungsnot zur starken Verdichtung und qualitativen Mängeln (Stichwort "Neubausanierung").
Aber offensichtlich brauchen Viertel doch noch etwas anderes um lebendig und damit mehr als reine Schlafstädte zu sein. Ich bin gespannt, wie dazu das Urteil über das EV in einigen Jahren lauten wird. Ein Neubaugebiet dieser Größe ist durchaus noch etwas besonderes. Angesichts der allgemein prognostizierten großstädtischen Wohnungsnot werden aber wohl einige Städte zur Erschließung komplett neuer Viertel übergehen müssen und da darf man ruhig voneinander lernen. -
FAZ-Interview mit Martin Wentz
In der RMZ der FAZ von heute ist ein Interview mit Martin Wentz, in den Neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts Planungsdezernent der Stadt Frankfurt, abgedruckt.
Seine Kern-Thesen:
1. Fassaden seien eine einzige Katastrophe, die großen Wohnhäuser an der südlichen Seite [er muss Europaviertel-Ost meinen] seien wie monolithische Giganten.
2. Nutzung der Erdgeschosse mit Friseuren oder Möbelläden [erneut: das betrifft vor allem Europaviertel-Ost] sei nicht dramatisch, da die Vertriebsgesellschaften [ergänze: wohl der Wohnungsbaufirmen / Makler] lediglich Platzhalter und daher bald weg seien. Es würde durch die Büroarbeitsplätze, die in den nächsten drei Jahren hinzukommen, noch viel Gastro entstehen. [Darauf bauen wir dann mal.]
3. Einzelne Bürohäuser würden über 300 Meter keine Läden im EG aufweisen. [Welche sind konkret gemeint? Mir fällt nur die KVH ein.]. Seine Antwort: Wäre ein Leichtes gewesen, das in die städtebaulichen Verträge reinzuschreiben. Die hat dann wahrscheinlich sein Nachfolger verhandelt.
4. Straßengrundriss sei falsch und der schwerste Fehler. Durchgangsverkehr hätte vom Erschließungsverkehr getrennt werden müssen. Das würde er nun im Zuge der U-Bahn-Baustelle alles ändern, vor allem durch „seitliche, verkehrsberuhigte Erschließungsstraßen“. Welche damit wohl gemeint sind?
5. Augenblick, verweile doch! Europaviertel sei kein Ort zum Verweilen. Es fehle an einem von ihm damals geplanten „Urban Entertainment Center“. Auch das „kleine Theater“ im Skyine Plaza konnte er nicht realisieren. Nun schlägt er einen Springbrunnen am Ende der Europa-Allee vor dem Skyline Plaza vor.
6. Ein Museum auf der Wiese. Zu guter Letzt hat er auch noch einen Vorschlag für das andere Ende der Europa-Allee: in den Park will er für EUR 30m das Weltkulturenmuseum bauen. Dass der Park eigentlich nur eine rechteckige Liegewiese von 200m Länge und 80 Breite ist, scheint nicht ganz präsent. Aber wenn man das alles bebaut, hätte man nen Museum im ehemaligen Europagarten. Äh, ja.
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zu Punkt 3:
Das derzeit in Bau befindliche Gebäude, das wir wegen seines auflockernden Designs lieb gewonnen haben, namens "The Brick" und sogar das Nachbargebäude, das ebenfalls von DB gemietet wird, sollen und werden wahrscheinlich keine fremdgenutzten Flächen aufweisen, sprich keine Gastronomie oder Einzelhandel.
Ich habe mal die Entfernung mit Google Maps gemessen: ca. 240m zusammen bei beiden Gebäuden. Mit der KVH zusammen ergibt es sogar ca. 335m ohne Läden, usw. Das ist ca. 60% des Boulevard-Mitte auf der nördlichen Seite. Zum Vergleich, das Gebäude mit dem REWE hat straßenseitig ebenfalls keine Läden und ist ca. 130m lang.
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Der Römer sieht Aufwertungsbedarf
Die Regierungskoalition im Rathaus sieht offenbar den Bedarf nach einer deutlichen Aufwertung des Europaviertels. Plätze und Straßen sollen dadurch mehr zum Verweilen und Flanieren einladen. Weil sich durch die Stadtbahn eine andere "Aufteilung der Flächen im Bereich der Europaallee für Fußgänger, Radverkehr und Erschließungsverkehr" ergeben habe, wird der Magistrat nach einer Optimierung der Flächenaufteilung gefragt. Konkret wird auch die Gestaltung des Tel-Aviv-Platzes angesprochen. Hier wird gefragt, welche von den im Rahmen von Workshops entwickelten Ideen und Anregungen nunmehr zur Umsetzung ausgeschrieben werden. Schließlich wird der Magistrat nach den Kosten eines städtebaulichen Akzents am östlichen Ende der Europaallee gefragt. Als Beispiel wird "ein großer, weit sichtbarer Springbrunnen" angeführt, ähnlich dem am Walter-von-Cronberg-Platz in Sachsenhausen.
Die Einzelheiten ergeben sich aus einem gemeinsamen Antrag der Fraktionen von CDU, SPD und Grünen im Römer vom 21. Mai 2019 (PDF).
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Irgendwie irritierend, dieser Antrag.
1. Tel Aviv-Platz: Ich habe an der Sitzung des Ortsbeirats im März diesen Jahres teilgenommen, in der Aurelis und die Stadt den finalen Plan zur Umgestaltung des Platzes vorgestellt haben. Der Bericht in der Frankfurter Rundschau gibt die Präsentation eigentlich gut wieder. Mehrfach wurde dort davon gesprochen, dass im Juni 2019 mit dem Umbau des provisorischen Platzes begonnen werden sollte. Warum nun durch die Fraktionen nachgefragt wird? Am Ende doch wieder kein Baubeginn?
2. Springbrunnen am östlichen Ende geht ja meiner Erinnerung nach auf das oben erwähnte Interview zurück. Hängt direkt auch mit Punkt 3 zusammen.
3. Verteilung von Straße, Fahrradweg und Fußweg auf der Europa-Allee: Hier finde ich den mehrmals zurückgestellten Antrag der SPD im Ortsbeirat 1 eigentlich sehr hilfreich, da er konkrete Vorschläge zur Umgestaltung macht. Die Tatsache, dass dieser Antrag im (untergeordneten) Ortsbeirat nie gestellt worden ist, lässt mich mutmaßen, dass sich die Fraktionen insofern zusammenschließen, um auf den Dezernenten mehr Druck ausüben zu können. Der nicht gestellte Antrag der SPD im Ortsbeirat (Sitzung Januar 2019) ist hier abrufbar. Meiner Meinung nach sind alle Alternativvorschläge besser als die Lösung, die vor den Bauarbeiten im östlichen Teil der Allee umgesetzt wurde (derzeit gibt es ja keine "Lösung", sondern nur Bauzäune).
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Ich finde den Antrag beinahe schon zynisch.
Erinnern wir uns:
Den grössten Rücksetzer hat die Europaallee dadurch erfahren, dass die U-Bahn nicht mehr durchgehend unterirdisch gebaut werden sollte. Von wegen ("andere Aufteilung der Flächen ...").Was da jetzt diskutiert wird ist vor dem ganzen zeitlichen Hintergrund der Thematik blosse "Beschwichtigungs-Kosmetik" und zudem ein Appel an eine ziemlich kurze Halbwertszeit des bürgerlichen Erinnerns ... .
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Interessanter Artikel zum Thema Europaviertel in FAZ heute. Ich finde die Kritikpunkte warum das neue Viertel architektonisch/städtebaulich missgelungen ist auf dem Punkt gebracht. Ähnliche Punkte habe ich selbst hier auf dem Forum vor einigen Jahren aufgelistet. Ob die Lösung mit dem Zipp was wäre weiß ich nicht. Breite Strassen oder Avenuen finde ich in sich kein Problem. Es geht um die Gestaltung drumrum.
Hier eine kurze Zusammenfassung der Kritikpunkte aus dem Artikel:
- Eine leblose Schlafstadt sei auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs gebaut worden
- Große Flächen im Europaviertel seien für die Allgemeinheit verlorengegangen
- Ein großes Problem sei, dass die Erdgeschosse im Quartier überwiegend privat genutzt würden
- ...die Stadt sei generell offen für Vorschläge, das Europaviertel lebenswerter zu machen
- "Diese Fassaden entlang der Europa-Allee sind eine Katastrophe. Räumliche Qualitäten, Aufenthaltsflächen und Gestaltung wurden zudem schlicht ignoriert."
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Die Kritik spricht verschiedene Elemente an:
Das Europaviertel ist (ohne Flächen der Messe) 610.000 m² groß. Davon entfallen rd. 130.000 m² (21%) auf Straßenflächen (ohne Den Haager, Brüsseler und Osloer Straße). 82.350 m² (13,5%) sind öffentliche Straßenfläche (davon allein fast 88.000 m² nur die Europaallee). Was meint angesichts dessen die Kritik, große Flächen im Europaviertel seien für die Allgemeinheit verlorengegangen? Allein der Umstand, dass die 60m breite Europaallee durchweg 6-8m breite Gehwege (ohne Radwege und Grünstreifen) hat, schafft die Voraussetzung dafür diese auch zum Aufenthalt zu nutzen; die Gehwegsfläche sind über 18.000 m². Wo in Frankfurt gibt es vergleichbares?
Bei der Nutzung der Parterreflächen muss man differenzieren:
- auf dem Boulevard Ost befinden sich zur Europaallee hin fast ausschließlich Läden, Gaststätten und Hotels; dieser Abschnitt wird einen Aufschwung nehmen, sobald die U-Bahnbaustelle weg und der Straßenrand wieder "aufgeforstet" ist.
- im Boulevard Mitte überwiegen – wenn ich es richtig beurteile – Büronutzungen. Da bleibt abzuwarten, was an EG-Nutzungen noch kommt.
- im Boulevard West sowie in den Seitenstraßen überwiegen die Wohnhäuser in Gestalt von Wohnungseigentümergemeinschaften. Was dort möglich ist und was nicht hängt ganz entscheidend von den Teilungserklärungen und Gemeinschaftsordnungen sowie den internen Mehrheitsverhältnissen ab, heißt: es kommt drauf an, was die Leute draus machen (können). Vielleicht ist ja in einer Ecke der privaten Blockinnenräume ja ein lauschiges Eiscafé möglich?Meint die Kritik, die Erdgeschosse im Quartier würden überwiegend privat genutzt, die Tatsache, dass in den Wohnhäusern in den EGs Wohnungen sind? Oder wie soll man das verstehen? Auch ein "privates" Erdgeschoss kann öffentlich genutzt werden.
Ich meine angesichts der Platzverhältnisse, dass durchaus Potential vorhanden ist, das noch ungenutzt brach liegt, was dem unfertigen Ausbauzustand geschuldet ist. Ich würde dem Europaviertel noch ein paar Jahre „geben“ und dann mal schauen.
Ob der/die/das ZIP das richtige Mittel ist, bezweifle ich, weil es den Flaneuren den Blick verstellt und darunter eine unwirtliche Kelleratmosphäre schafft. Wäre ich Bewohner des Europaviertels würde ich dankend ablehnen.
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Manche Kritik am Europaviertel erscheint durchaus berechtigt, gerade wenn es um den Tel-Aviv-Platz geht. Aber die "Meinung" des Architekten aus dem Artikel hält keinem Faktencheck stand:
- Kritikpunkt: "leblose Schlafstadt":
Tagsüber ist jede Menge Leben da. Fängt an mit der Großbaustelle für die U5, die erst 2024 fahren soll und die aktuell die östliche Europa-Allee teilt wie eine neue Berliner Mauer. Totales Versagen der Politik, dass man nicht zum "Start" des Viertels ordentlichen ÖPNV zur Verfügung gestellt hat.
Auf der anderen Seite der Emser Brücke geht es weiter: DB, FAZ, Porsche, Solid Home, alles noch im Bau. Hinter geschlossenen Bauzäunen flanieren nur selten Passanten, war selbst bei der neuen Altstadt nicht anders
Es folgt der gesperrte Europa-Garten.
- Kritikpunkt: "Große Flächen im Europaviertel seien für die Allgemeinheit verlorengegangen"
Über Google habe ich hier eine alte Satellitenansicht des Areals gefunden:
http://www.hansebubeforum.de/showtopic.php?threadid=15916Welche Fläche soll da für die Allgemeinheit verlorengegangen sein? Das Areal bestand nur aus Gleisen! Tatsächlich ist also allein über die diversen Parkanlagen viel Fläche an die Allgemeinheit zurückgegeben worden.
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Natürlich sollte man noch dem Europaviertel ein paar Jahre Zeit geben. Es wird auf jedem Fall besser werden je mehr gebaut wird. Aber Fakt ist dass mindestens der erste Teil bis zur Emser Brücke sehr leblos/steril ist und die Umgebung für die Öffentlichkeit fast nutzlos. Da hier alles fertig gebaut ist sind wir schon beim Endergebnis.
Es ist egal wie breit die Gehwege sind, die könnten auch 50 breit sein, wenn es dort nichts besonderes zu tun oder zu sehen gibt wie z.B. schöne/besondere Architektur, Cafes, Läden, Einkaufspassagen etc kommen die Leute auch nicht. Und somit ist die Fläche für die Öffentlichkeit verloren. Ich glaube es geht hier um das verlorene Potenzial. Gleisen sind zu Gehwege umgewandelt worden, das ist gut, aber das Ergebnis der Öffentlichkeit ist schon heute zu sehen. Wer geht auf die Europa Allee flanieren? Ist die Allee voll mit Menschen oder leer? Die Antwort kennt jeder der dort kurz gewesen ist.
Es muss vielfältig sein. Der Sinn eines Boulevards finde ich ist dass der zu einer Art öffentlichen Platz mit Leben gefüllt wird. Dafür braucht man viel mehr Einrichtungen, die das unterstützen. Ein breiter Gehweg mit Wohn- oder Bürogebäuden reich nicht. Ohne das ganze drumrum wird es sehr öde und das ganze Konzept fällt platt. Hier hat man noch entschieden ein großteil des Lebens ins Skyline Plaza reinzupacken. Man hätte das S-P offener bzw. mehr integriert bauen können und nicht in dieser US-Schuhkartong-Stil, schnell mit dem Auto rein/raus ohne Fenstern nach aussen. Hier fehlt ganz klar eine "moderne Europäische Baukultur", die unserem europäischen Lebensstil angepasst ist. Ich habe schon länger auf neue moderne Europäischen Einkaufzentren gehofft, die in die Struktur unserer Innenstädte eingebaut werden. Sowas in der Art gab es schon "damals" wie z.B. Galeries Royales Saint-Hubert in Brüssel oder Vittorio Emanuele in Mailand. Dieser Art von "Shopping-Mall" ist die Europäische Variante, die bei uns fast in Vergessenheit geraten ist. Sowas in einer modernen Fassung wäre hier viel viel besser gewesen.
Daher ich bin immernoch auf derselben Linie wie der FAZ Artikel
1) Europaviertel/allee ist eine recht "leblose Schlafstadt".
2) Das Potenzial in der großen entwickelten Flächen ist für die Öffentlichkeit zum großen Teil verlorengegangen. Aber potenzial ist da um die Situation zu verbessern. -
Wie ist zu reagieren darauf,
- dass Einzelhandel heute nicht mehr funktioniert wie in der guten alten Zeit, als es ausreichte, einfach einen Laden neben den anderen zu bauen. Das klassische Fachgeschäft ist zur Ausnahme geworden und wir Verbraucher rennen heute nicht mehr von Laden zu Laden durch die ganze Stadt, um unseren Bedarf an Handelsware und Dienstleistungen zu decken. Das Geschehen konzentriert sich zunehmend auf Einzelhandelszentren á la Skyline-Plaza, welche die für alle Beteiligten notwendigen Nebensächlichkeiten wie Parkplätze, Logistikflächen (Lager und Andienung), Entsorgung, Gastronomie und was noch alles unter einem Dach zur Verfügung stellen; und das in Dimensionen, die den Transportkonzepten der Filialisten und Logistikfirmen entsprechen.
- dass Neubauten unserer Zeit heute in den Erdgeschosszonen – je größer das Haus, umso mehr - Flächen bereithalten für Müllcontainer, Fahrräder, Tiefgaragenausfahrten. Welches Gebäude in der Europaallee kann Ladenflächen im EG bereitstellen, die das bieten, was eine Ladenfläche im Skyline-Plaza bietet?
- dass Einzelhandel heute, um wirtschaftlich betrieben werden zu können, Ladenflächen einer Größenordnung benötigt, die praktisch das ganze EG eines Gebäudes einnehmen (oder was davon noch übrig ist, s.o.). Umsätze, die solche Kosten rechtfertigen, erzielen eigentlich nur noch große Filialisten wie Rewe, dm, müller und die Discounter. Es muss Gründe haben, dass in der City ein inhabergeführtes Fachgeschäft nach dem anderen dichtmacht.
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"Einzelhandel heute nicht mehr funktioniert wie in der guten alten Zeit"
Stimmt, der Trend im Einzelhandel ist eher pessimistisch zur Zeit. Aber das heißt nicht das Einzelhandel komplett verschwinden wird und es geht hier nicht um ganz Frankfurt mit Einzelhandel zu bebauen sondern nur um eine Hauptachse. Geh nach Berlin, London, Barcelona, Hamburg. Diese Städte waren und sind immer noch voll gepackt mit Einzelhandel und so wird es bleiben weil die meisten in Europa so am liebsten einkaufen gehen. Ich persönlich gehe lieber in ein belebtes und spannendeds Innenstadtviertel einzukaufen als zu US-Style-Einkaufszentrum. In Frankfurt hat man heute noch grob gesehen nur die Wahl zwischen Zeil oder irgendein Einkaufszentrum. Sonst ist das Angebot recht dünn. Ich empfinde das fehlende Einzelhandelsangebot als ein großes Problem in Frankfurt. Warum klappt es nicht bei uns? Ich glaube weil es in diesem Sinne nicht gebaut wird. Der Trend der letzten Jahre ist viel viel besser geworden z.B. Bahnhofsviertel und Seitenstrassen von Zeil kriegen mehr Läden und werden immer angesagter. Ich bleibe optimistisch. Europaalle wäre eine super Ergänzung gewesen.
"...Neubauten unserer Zeit heute in den Erdgeschosszonen – je größer das Haus, umso mehr - Flächen bereithalten für Müllcontainer..."
Einzelhandel ist keine Erfindung von heute. Es hat immer geklappt und wie es überall sonst klappt hätte es auch auf der Europaallee geklappt wenn das Angebot kompakt genug gewesen wäre. Wenn man zwei Läden auf 500 m Strecke hat wird's natürlich schwer für die Ladenbetreiber wenn die nicht Gemüse oder Versicherungen verkaufen.
Wenn eine Garageneinfahrt die hälfte des Hauswandes auf einer Einkaufsstrasse übernimmt ist das für mich ein grober Planungsfehler. So macht man natürlich das Einkaufserlebnis kaputt. Das sieht man heutzutage immer öfters bei uns leider. Stichwort "Rückseite Komm Center" in Offenbach. Einzelhandel so wie es früher war und heute meistens ist, so sollte es sein. Es müssen nicht 10.000 qm Verkaufsfläche inkl. ein Logistikzentrum sein. Es reicht auch wenn es Kleinteilig ist aber das Angebot muss kompakt genug sein damit die Vielfalt eine Chance hat.
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Eine "Leblose" Schlafstadt erkenne ich nicht. Es mangelt aber an Fassadengestaltungen, in Form von Kleinteiligkeit in den Fassaden (da hilft ja schon ein 1 m Vorsprung ab und zu), gerade am Boulevard Ost. Oder nördlich gelegen die unförmigen Fassaden des Hamptons.
Fehlende mehrstufige Staffelgeschosse, wie zB. in Paris tun Ihr übriges.
Angenehmer wurde hier der Boulevard Mitte gestaltet, das westliche Europaviertel verliert vor allem durch die teilweise lieblosen Fassaden oder zu lang gestreckten und uniformen Fassaden.
Komsicherweise klappe das doch auch im recht ansehnlichen Parkend.Ebenso vermisse ich mehr Abwechslung in den Gebäudehöhen. Alles was zu uniform, eintönig ist und wirkt, wird schnell von den Mensch als langweilig und sogar abstossend gewertet und genau dieser Eeffekt ist eingetreten, nicht umsonst ist der Begriff "Stalin-Allee" entstanden.
Auf der anderen Seite die gravierende und unentschuldbare Fehlplanung, nicht von Anfang die nötige Infrastruktur eines funktionierenden ÖPNVs zu bauen, man gezockt und sich verzockt. Schon Tausendmal hier im Forum besprochen, aber es ist und bleibt eines der grössten Mankos. Zumal noch mehr als 4! Jahre darauf zu warten ist.
Allerdings glaube ich auch, dass das ganze optisch anders und zwar positiver wirken wird wenn der "U-Bahn" Bau abgeschlossen ist, die Allee wieder begrünt ist und die Bäume etwas größer geworden sind.
Wie kann man also (oder hätte man) die Aufenthaltsqualität fördern (können)?
Ein Weg wäre es gewesen diese unsägliche Kita am Tel Aviv Platz an anderer Stelle zu bauen.
Wie wichtig wäre es gewesen einen zentralen Ort der Begegnung, des Verweilens, des Austauschs und auch Konsums an dieser Stelle zu haben.Vor allem ist es wichtig, gerade in Bezug auf die zunehmenden Hitzewellen, mehr Grün zu pflanzen, gerade in Form von Bäumen. Der Lotte Specht Park ist wie jedes Jahr im Sommer nur noch eine Ödnis, keinerlei Schatten. Über den Europa Park mit seinen viel zu wenigen Bäumen muss man gar nicht mehr sprechen.
Hier gilt es unkonventionell zu denken. Natürlich wird und kann es keine Frankfurter Highline geben, erst gestern aber, in einem Gespräch, gab es einen interessanten Vorschlag eine punktuelle Highline zu bauen. Zum Beispiel kurz vor der Emser Brücke als Erhebung über den Strassen oder zwischen dem Zebra und der KVH.
Die Anwohner an anderen Stellen werden sich sicherlich wohl ungerne in die Wohnungen schauen lassen wollen.Ebenso wichtig wäre es an allen Stellen wo es möglich ist, mobile Grüninseln als Staubfänger aufzustellen, Wände von Brückenbauwerken wenn möglich zu begrünen. Aanalog zum Goetheplatz.
Einzelhandel stellt sich immer von selbst ein je mehr Menschen dort leben und arbeiten. Klar ist aber, dass es an Cafes und dergleichen fehlt. Schöne Aussengastronomie. Warum sollte die Laube einen Alleinanspruch besitzen?
In 10 Jahren wird das alles ganz anders aussehen und einige momentane Probleme werden keine mehr sein. Der südliche Boulevard Ost wird sicherlich erst dann zu retten sein wenn die erste Fassadensanierung anstehen wird, vielleicht schafft man es dann, mit kleinen Mitteln, etwas mehr optische Abwechslung zu erreichen.
Viele der Anwohner, und das vergessen hier immer viele, leben sehr gerne im Europaviertel trotz der momentanen Nachteile. Und in 10 Jahren wird sich das verstärken, da bin ich überzeugt.Man muss und darf hoffen dass die Stadt aus diesen Fehlern gelernt hat und nicht die gleichen fehler wiederholt.