Sanierung Güstrower Renaissance-Schloss
Mit dem schrittweisen Aufbau des alle Außenfassaden betreffenden Baugerüstet haben nun auch sichtbar die umfassenden Sanierungsarbeiten am Güstrower Renaissance-Schloss begonnen. Diese sollten bereits Ende des letzten Jahres aufgebaut werden, was durch zeitliche Verzögerungen jedoch nicht geschafft worden war. Dadurch konnte ich das Schloss beim letzten Rundgang Anfang des Jahres noch unverhüllt ablichten (gezeigt in Post #318).
Zu Beginn des Jahres wurde dann am Westflügel mit dem Aufbau des ersten Gerüsts begonnen, sodass mittlerweile alle Außen- und Hoffassaden verdeckt sind. In Teilbereichen ist darüberhinaus eine bedruckte Plane aufgehängt worden, die auch während der weitere drei Jahre andauernden Sanierung die Renaissance-Architektur präsentiert. Noch befindet diese sich lediglich am Westflügel, doch auch der Südflügel wird mit einer großen Plane ausgestattet.
Bereits der Blick aus weiterer Entfernung macht unmissverständlich klar, dass die Arbeiten an der Außenhülle des Schlosses begonnen haben. Dies liegt neben den Baugerüsten an dem weithin sichtbaren, großen Turmdrehkran. Im Februar wurde dieser im Bereich des Schlosshofs aufgestellt, nachdem die Alternative, für die Einzelarbeiten je nach Bedarf kleinere Kräne zu besorgen, schnell verworfen worden war. Der große Kran mit einer Ausladung von 55 m bietet den Vorteil, dass alle Baustellen am und um das Schloss herum angedient werden können.
Zunächst möchte ich auf die Arbeiten an der westlichen Umgrenzungsmauer in Richtung Schlossberg aufmerksam machen. Bei meinem letzten Rundgang war diese noch vorhanden. Der Abriss betraf die Mauer nahezu auf gesamter Länge, wobei ein Element im Übergang zur Brücke über den Schlossgraben erhalten blieb.
Die Umgrenzungsmauer ist Teil des dritten Bauabschnittes und wird von Grund auf neu errichtet. Ein Teil des Fundamente wurde bereits neu gegossen und wartet auf den weiteren WIederaufbau der Mauer. Aufgrund der Neigungssituation in Richtung Schlossgarten und Schlossgraben musste auch hier mit Verbauträgern ein Abrutschen verhindert werden.
Die Arbeiten zur Fundamentherstellung bewegen sich abschnittsweise den Schlossberg nach oben.
Seit 2019 wurden im Bereich der 4.500 m² großen Dachzone aufwändige Schadstoffsanierungen durchgeführt. Anfang des Jahres konnten diese Maßnahmen nach 14 Monaten Arbeit zu einem Abschluss gebracht werden. Seit Mai dieses Jahres sind nun die Zimmerleute im Dachbereich beschäftigt. Das Dachtragwerk besteht aus einem 'neueren Tragwerk' aus dem 19. Jahrhundert sowie einem darunterliegenden Tragwerk aus Eiche, welche noch aus der Erbauungszeit stammt.
Da dieses alte Tragwerk größtenteils vermodert ist und einen Austausch erforderlich macht, fallen auch die Zimmerarbeiten immens aus. 120 Kubikmeter Holz sollen insgesamt verbaut werden.
Aus näherer Betrachtung erkennt man, dass telweise auch die Dachziegel schon entfernt werden. Dahinter sind neue Hölzer des Dachtragwerks zu sehen.
Die Konstruktion des Baugerüstes im Bereich des Westflügels gestaltete sich als besonders herausfordernd. Auf dem nachfolgenden Foto ist unterhalb der bedruckten Plane eine Ansammlung gelber Schwerlast-Träger zu erkennen. Diese dienen als Basis für die darauf ruhenden Schwerlast-Stützen und das über dem Eingangsportal befindliche Baugerüst. Der Aufbau des Gerüsts vor dem Mittelrisaliten erfolgt im März 2021.
Die nächste Herausforderung war dabei die Positionierung der auf dem Foto oben erkennbaren 18m langen und 5 Tonnen schweren Schwerlast-Träger. Dafür wurde im Frühjahr ein 200 Tonnen-Kran aufgebaut, der die Träger an den vorgesehenen Standort gehievt hat. Mithilfe dieser Träger konnte das Gerüst vor dem Westflügel mit dem Gerüst im Schlosshof über dem Dachfirst verbunden und belastbar ausgeführt werden. Dies war wiederum notwendig, um als Abschluss auch den Turmhelm komplett einrüsten zu können. Das Gerüst weist eine Höhe von 36 m auf.
Die Altanmauer, welche letztes Jahr freigelegt worden war, ist für die witterungsunabhängige Sanierung komplett verhüllt worden. Hier werden wir dann erst mit dem Abbau des Baugerüsts den fertigen Endzustand zu Gesicht bekommen.
Das Torhaus wie auch die Schlossbrücke sind nach wie vor noch nicht in die Sanierung einbezogen worden. Beide bilden zusammen den 8. Bauabschnitt.
In Vorbereitung auf die Sanierung der Schlossbrücke wurden Mitte Mai zwei alte Linden im nördlichen Museumshof gefällt. Deren Wurzeln beschädigten die Mauer der Schlossbrücke in den letzten Jahren zunehmend, sodass die Fällung für die Sanierung und den Fortbestand der Brücke erforderlich war. Die Wurzeln wurden nach der Fällung ebenfalls gezogen.
Im Innenhof präsentieren sich ebenfalls die Fassaden aller Gebäudeflügel in eingerüstetem Gewand. An dieser Stelle lohnt sich ein Hinweis auf die Holzfenster des Schlosses, welche allesamt erneuert werden müssen. Dabei wurde entschieden, die Sprossung der Fenster leicht zu variieren, sodass in Zukunft mehrere, breite Hauptsprossen die Horizontalität der Fensterelemente betonen.
Die Fotos vom Hof zeigen auch den Fußpunkt des Turmdrehkrans. Um die Stabilität und sichere Nutzung gewährleisten zu können, wurde das Kopfsteinpflaster im Hof teilaufgenommen und eine acht mal sieben Meter große und 30 cm starke Stahlbetonplatte als Fundament gegossen. Beschwert wird der Kran mit 65 Tonnen Beton.
Zum Nordflügel möchte ich ergänzen, dass über diesem ein Schutzdach errichtet werden soll, um witterungsunabhängig arbeiten zu können.
Der Blick auf die eingerüstete Nordseite des Schlosses und das Wirtschaftsgebäude im Hintergrund:
Hinter dem Wirtschaftsgebäude wurde im Februar ein Brunnenhaus aus dem 19. Jahrhundert entdeckt, welches vor langer Zeit offensichtlich zugeschüttet worden ist. Dieses konnte nun bei Freilegungsarbeiten wiederentdeckt werden. Das Bauwerk steht vermutlich im Zusammenhang mit einem älteren Brunnen im ehemaligen Ostflügel des Schlosses, in welchem sich einst die Schlossbrauerei befand. Das Brunnenbauwerk soll restauriert werden und stellt den nächsten Überraschungsfund neben der Feldsteinstraße aus der Zeit des 30. Jähirgen Kriegs dar.
Die Fassadenfragmente, die den Schlosshof vom Terrassengarten abtrennen, sind nun auch für die Sanierung eingerüstet worden:
Das Schloss war ursprünglich komplett und allseitig umschlossen. Wegen Baufälligkeit musste der Ostflügel jedoch schon 1795 abgerissen werden. Seitdem schaut man von Osten auf die etwas unschöne und brüchig wirkende Außenwand des Südflügels. Es wird interessant sein, wie man mit den baulichen Resten und Fragmenten in diesem Bereich umgehen wird. Das nachfolgende Bild zeigt den vollständig zugemauerten Abschluss des Südflügels.
Die hohe Stützmauer zum Schlosshof ist in Gänze verhüllt.
An der hohen Brandwand des Südflügels befindet sich noch ein kleiner Anbau, der offensichtlich erhalten und saniert wird.
Auch zu den Südterrassen gibt es einige, neue Informationen, die ich hiermit weitergeben möchte.
Auf dem gesamten Schlossareal leben etwa 500 Feldermäuse, ursprünglich insbesondere in dem in Sanierung befindlichen Wirtschaftsgebäude. Aufgrund der strengen artenschutzrechtlichen Belange wurden die Fledermäuse im letzten Winter in einem Raum unter der Freitreppe, die von der Schlossbrücke zum Garten hinunterführt, untergebracht. Dort verbrachten die Tiere ihren Winterschlaf.
Für die Sanierung der Brücke samt Schlosstreppe müssen die Fledermäuse jedoch erneut umgesiedelt werden. Als endgültige Bleibe wurden dafür mehrere Räume unterhalb der Südterrasse ausgewählt. Diese Planänderung durch das staatliche Bau- und Liegenschaftsamt erfolgte aufgrund der Tatsache, dass deutlich mehr Fledermäuse entdeckt worden waren als zunächst vermutet. Damit wurde die Südterrasse nicht komplett verfüllt.
In diesem Sommer und Herbst sollen die Fledermäuse ihr neues Quartier kennenlernen, damit sie im nächsten Winter unziehen können und die Freitreppe saniert werden kann. Die Räume umfassen eine Fläche von 250 m² und werden für ca. 60.000 Euro entsprechend als neuer Schlafplatz für die Tiere eingerichtet. Zukünftig wird es einen passenden Zugang geben, durch den die Fledermäuse, aber keine Raubtiere, wie Katzen, gelangen.
Auf dem Schlossgelände leben acht verschiedene Fledermausarten: Braunes Langohr, Wasserfledermaus, Fransenfledermaus, Großes Mausohr, Mückenfledermaus, Bartfledermaus, Zwergfledermaus, Breitflügelfledermaus
Die drei zwischenzeitlich abgerissenen Freitreppen sind wiedererrichtet worden. Der östliche Abschnitt der Stützwand, die mit Sandstein verkleidet ist, wurde scheinbar bereits überarbeitet. Im Mittelteil schützen Gerüstplanen die weitere Arbeit.
Im westlichen Abschnitt der Mauer ist erkennbar, dass die Sandsteinplatten einzeln abgenommen und neu aufgebracht werden.
Der Blick auf das verhüllte Schloss und die lange Südterrasse:
Auch die östliche Umgrenzungsmauer in Richtung Plauer Straße versteckt sich im Zuge der Sanierungsarbeiten unter einer Plane.
Der Blick vom Neuwieder Weg mit dem Schloss linkerhand und der östlichen Umgrenzungsmauer rechterhand: