Leipzig: Gentrifizierung (ehem. "Windmühle vs. Abschwiff")

  • Nochmals, in Kurzfassung:


    Wenn ein Vermieter die Immobilie X für 5€/m^2 wirtschaftlich betreiben kann, so kann das ein Selbstnutzer erst recht! Letzterer zahlt nämlich keine Einkommenssteuer auf die Mietersparnis - beim Kapitalanleger ist der Mietertrag vor Steuern!


    Und warum Du Dich bei der Diskussion um Erschwinglichkeit von Wohneigentum für den Durchschnitts-Leipziger auf den Erstverkauf mit eingepreister Denkmal-Afa und 35% Innenprovision eingeschossen hast, das ist wohl nicht nur mir ein Rätsel.

  • Jedenfalls ist die Arguementation ziemlich weltfremd. Sie läuft drauf hinaus, dass sich ein Normalverdiener keine Eigentumswohnung im Erstbezug leisten kann. Woher hast du solche Erkenntnisse? Sie sind unwahr. Es geht auch nicht darum, das jeder sich eine solche ETW im Erstbezug leisten KÖNNEN muss. Erstbezüge sind ein kleiner Ausschnitt des Immobilienmarktes. Ich würde selbst so etwas nie erwerben. Darüber hinaus ist es unrealistisch, Wohneigentum ohne Verschuldung zu erwerben. Die Bedienung von Verbindlichkeiten verschiedener Art gehört zur normalen Lebensführung. Etwas Risikobereitschaft gehört schon dazu. In Deiner Welt gibt es aber keine Risiken? Das Risiko ist dann nach 15 Jahren aus der Wohnung verdrängt zu werden ohne wirklich etwas dagegen tun zu können. Fein gemacht. :daumen:


    Außerdem wird die Verbindlichkeit über 20 Jahre gegenüber der BANK und nicht dem Bauträger bedient. Das lese ich bei dir andersrum. Weswegen sollte jemand denn als Verkäufer selektieren ob jemand Arzt/Anwalt oder nicht ist? Hauptsache der Erwerber überweist den Kaufpreis.


    Zu den Karten: Die widersprechen Deiner Behauptung, das man sich Wohneigentum nicht mehr leisten kann. Es spricht eher für einen kaputten Wohnungsmarkt, wenn sich eine Familie alle Angebote leisten kann. Selbst in Leipzig zeigt der Atlas auf, dass jeweils zwischn 10 und 40% der Angebote erschwinglich für Familien sind. Das ist eine normale Marktlage, wie eingangs dargestellt, Deine Behauptung nun selbsterwiesenermaßen unwahr.

  • Nur zwei abschließende Antworten:
    "dass sich ein Normalverdiener keine Eigentumswohnung im Erstbezug leisten kann. Woher hast du solche Erkenntnisse? Sie sind unwahr"
    > ich wiederhole mich gern zum 10. Mal: Normalverdiener = Durchschnittshaushalt in Leipzig mit Einkommen von ca. 1.500 Euro pro HAUSHALT netto im Monat. Wer sich davon eine Eigentumswohnung (Erstbezug) für 2.500 Euro aufwärts leisten kann, muss eine sehr gute Bank und v.a. einen sicheren Job haben. Selbst in vielen Exposes steht ausdrücklich drin (sinngemäß): "Geeignet für Kapitalanleger mit einem zu versteuernden Einkommen von mindestens 60.000 Euro / 80.000 Euro". Und schon sind wir wieder beim Arzt oder Anwalt, da in Leipzig die Gruppe der Leute mit 60.000 + X nicht zum Durchschnittsverdiener gehört. Das mag vielleicht in München so sein, aber in Leipzig liegen wir deutlich niedriger (kann man alles unter http://statistik.leipzig.de/ nachlesen).
    Zeig mir mal den Durchschnittsverdiener (Einkommen siehe oben) in Leipzig, der das erreicht... und dann reden wir nochmal, ob das alles unwahr ist.


    Wer eine gebrauchte Wohnung will, wird diese sicher finanziert bekommen. Und ich habe auch nicht geschrieben, es muss sich jeder leisten können. Es ging im Ausgangspunkt darum, warum so wenig Leipziger Wohneigentum erwerben und rund 90 % Kapitalanleger -zumindest beim Erstverkauf- zur Käufergruppe zählen.

    Einmal editiert, zuletzt von Altbaufan_ ()

  • Ich habe nur den letzten Beitrag gelesen und war ein wenig verpflüfft:


    "Normalverdiener = Durchschnittshaushalt in Leipzig mit Einkommen von ca. 1.500 Euro pro HAUSHALT netto im Monat."


    Hier die Statistik dazu.


    Diese Erläuterung dazu: "Alle Angaben sind Ergebnisse aus den Kommunalen Bürgerumfragen der Stadt Lepzig. Bei der Bürgerumfragen werden jährlich mehrere Tausend Leipzigerinnen und Leipziger im Alter von 18 bis 85 Jahren schriftlich zur Lebenssituation sowie zu Meinungen zu verschiedenen Themen der Stadtentwicklung befragt."


    Es müsste doch sofort auffallen, dass dazu auch Studenten WGs zählen und vor allem alleinstehende Rentner. Das drückt den Durchschnitt gewaltig.


    Wenn man nur die Berufstätige Bevölkerung gesamtheitlich untersuchen würde, käme man auf ganz andere Zahlen.

  • Es ging im Ausgangspunkt darum, warum so wenig Leipziger Wohneigentum erwerben und rund 90 % Kapitalanleger -zumindest beim Erstverkauf- zur Käufergruppe zählen.


    Wie wäre es mit dem Erklärungsansatz, dass der Leipziger die Situation vor Ort kennt, und daher weiss, dass die Buden die aufgerufenen Preise nicht ansatzweise wert sind?

  • Selbst in vielen Exposes steht ausdrücklich drin (sinngemäß): "Geeignet für Kapitalanleger mit einem zu versteuernden Einkommen von mindestens 60.000 Euro / 80.000 Euro".


    Ich habe sehr viel Erfahrung mit Immobilienkäufen, aber in geschätzten 2000 Exposes habe ich diesen Satz noch nie gelesen. Mir ist das unklar.


    Was heisst denn schon Durchschnittsverdiener? Hier die allgemeine Statistik drüber zu legen und dann zu behaupten alles wäre schrecklich ist keine sehr akkurate Methode. In welchem Verhältnis stehen denn die Münchner Durchschnittseinkommen zum dortigen Immobilienpreisniveau? Das ist doch das Gleiche wie hier.


    Zeige mir doch auch mal den Immobilienmarkt, wo ein signifikanter Anteil der Käufer aus dem eigenen Sprengel kommt. Das ist vielleicht in Städten mit bis zu 20000 Einwohnern bei Privatimmobilien der Fall, sonst praktisch nirgendwo. Daraus einen Vorwurf angeblichen Spekulantentums zu konstruieren ist wie schon gesagte ein konstruiertes Artefakt. Nicht vergessen: Immobilien sind auch und vor allem eine Anlageklasse die letztlich global gehandelt wird.

  • Wenn mehr Leute ihre Wohnungen erwerben würden, kämen sie ebenfalls in den Genuß der Abschreibungsmöglichkeiten. Diese stehen jedem offen, das ist kein Privileg von Vermögenden.


    Kurzer Zwischenwurf: Die Abschreibungsmöglichkeiten entfallen bei Eigennutzung.

  • Artec
    Das Statistische Landesamt kommt bei den Einkommen pro Person auf 1387,25 Euro pro Monat (2012).
    Die Stadt Leipzig kommt auf 1135 (2012) Euro mit ihrer kommunalen Bürgerumfrage. 250 Euro sind jetzt nicht sooo viel, dass man sagen müsste, es zieht die Statistik extrem nach unten. Es ist schon ein Unterschied, ändert aber nichts an der Grundaussage der geringen Einkommen in Leipzig. Knapp 16.000 Euro (verfügbares) Einkommen im Jahr pro Person ist schlicht eher wenig. Und natürlich gehören zu einem Mittel o. Durchschnitt Studenten wie Rentner, da es hier um die Gesamtbevölkerung geht. Konkrete Einkommen für die "arbeitende" Bevölkerung habe ich nicht gefunden gehabt, aber man sollte auch bedenken, dass theoretisch auch ein Student oder Arbeitsloser oder Rentner in Immobilien investieren könnte, auch wenn es in der Praxis eher unwahrscheinlich ist.


    Martin
    "Wenn mehr Leute ihre Wohnungen erwerben würden, kämen sie ebenfalls in den Genuß der Abschreibungsmöglichkeiten."
    Und da sind wir wieder beim Erstverkauf. Wenn jemand die Wohnung im Wiederverkauf erwirbt, entfällt die Abschreibung meist, da die ja bereits der Vorgänger genutzt hat. Man kann eine Abschreibung von Sanierungskosten nicht beliebig oft mit beliebig vielen Käufern durchführen, sonst würde ein und die selbe Sanierung am Ende mehrfach steuerlich abgesetzt. Soweit ich richtig informiert bin, kann man auch nicht einfach die Abschreibungsrestdauer übertragen, d.h. wenn jemand (fiktives Bsp.) nach 5 statt 10 J. verkauft, kann er die fehlenden 5 Jahre Abschreibung nicht einfach mit übertragen. Genaueres wissen dann wohl nur die Juristen, falls jemand mitliest, der das im Detail weiß.


    Zum Thema Einkommen für Immobilenerwerb: Sorry, ich meinte nicht die Exposés, sondern einige Websiten, auf denen für Immobilien geworben wird. In Exposés sind solche Aussagen tabu. Leider mache ich nicht von alles und jedem Screenshots, aber wenn ich es so konkret formuliert wiederfinde, werde ich es nachreichen.
    Ähnliche Aussagen findet man z.B. hier
    Zitate: Vor allem Gut- und Doppelverdiener profitieren von dem großzügigen Steuersparmodell.
    Annahmen: zu versteuerndes Einkommen 90.000 € p. a.
    In nahezu jeder Beispielrechnung für Kapitalanleger wird von Einkommen über 60.000 Euro p.a. ausgegangen. Wie oben geschrieben, liegt es in Leipzig bei ca. 16.000 pro Person, d.h. selbst zu zweit (= 32.000) oder wenn wir Rentner und Arbeitslose raus rechnen, kommen wir vermutlich gerade so auf rund 40.000 p.a.
    Wiederverkauf wäre bei im Schnitt rd. 1.000-1.500 €/m² dann sicher kein Problem (aber vermutlich fehlende AfA), Erstverkauf bei rund 2.500-3.500 €/m² doch ein gewisses Wagnis.


    vevey
    Dass die Abschreibung bei Eigennutzung völlig entfällt, wäre mir neu, sie ist aber anders aufgebaut:


    Kapitalanleger können 8 Jahre 9 %, 4 Jahre 7 % der anzuerkennenden Wiederherstellungskosten gem. § 7i EStG (Denkmalabschreibung für Immobilien) oder nach § 7h EStG (Sanierungsabschreibung für Immobilien) steuerlich geltend machen. Zusätzlich werden 50 Jahre 2,0 % auf die Altsubstanz gem. § 7 Abs. 4 EStG (lineare Afa) angerechnet.


    Eigennutzer können 10 Jahre 9 % der anzuerkennenden Wiederherstellungskosten (Sanierungsaufwand) gem. § 10f EStG (Steuerbegünstigung für zu eigenen Wohnzwecken genutzte Baudenkmale und Gebäude in Sanierungsgebieten und städtebaulichen Entwicklungsbereichen) ansetzen.
    (Quelle)


    @Connewitzer
    Und wenn der Leipziger weiß, dass es die Preise nicht wert sind, dann richte diese Aussage doch lieber Martin, der ja meint, die Leipziger sollten mehr in Eigentum und Eigennutzung investieren? :)
    Am Beispiel Melanchtonstraße (es gibt noch mehr, aber es steht weiter oben schon erläutert) sieht man beispielhaft, dass einige Anbieter mit überhöhten Preisen heran gehen, weil sie auf die "doofen" Kapitalanleger hoffen, die sich ihr Objekt bis zur Schlüsselübergabe nie vor Ort ansehen und keine Ortskenntnis haben. Solche Leute gibt es jedenfalls genug und hinterher wird dann geklagt, weil Rendite und Co. nicht erzielt werden.

  • Das ist ja eine recht ruhige Reaktion der Handwerker und der Eigentümerin. Wenn ich mir vorstelle, wochenlang an der Fassade zu werkeln und dann kommen zwei Vollpfosten und machen das meiste zunichte, sollten mir die lieber nicht über den Weg laufen.

  • Vor allem werden/wurden in der Gegend mehrere Dutzend Gebäude allein 2014/2015 saniert, nirgends gab es "Anschläge". Diese Aktion ist wirklich peinlich.


    Dieses Objekt war kurz potentiell Abrisskandidat (siehe Artikel), ich habe den Verfall von 2004 bis 2009 miterleben können, da zuerst in der Nähe ("Über die Brücke") wohnend, später zur Arbeit dort lang fahrend. Dieses Haus ist besonders erhaltenswert, das zeigte schon die damalige "Testsanierung" eines schmalen Streifens (2013).


    Beim Interdruck oder anderen Objekten mit 11, 12 Euro kalt hätte man es ja noch verstanden (ich will damit nichts relativieren, aber man muss bekanntermaßen immer damit rechnen), dass den Chaoten die Sicherung durchbrennt. Aber bei einem Gebäude nahe der Eisenbahnstraße, was am Ende vermutlich für 5-6 Euro kalt vermietet wird? Eigentor.


    Bei weiter stark anhaltendem Zuzug werden solche Aktionen sicher nicht seltener, jedoch würde ich sowas eher in Lindenau Plagwitz Connewitz und der SüVo erwarten.

  • Unbemerkt ist das Areal Holbeinstraße 28a geräumt worden. Zum Vergleich: In diesem Frühjahr.


    Und heute.




    Eines der beiden ziemlich maroden Nachbarhäuser an der Holbeinstraße 28.


    Bilder von mir.

  • ^DAVE hat irgendwo eine Visualisierung des KSW-Projektes dargestellt. Heute eine schärfere Abbildung, die im aktuellen Sonderheft der Leipziger Blätter befindet. Entworfen von Denda Architekten.


    Bild von mir.

  • Wenn Jürgen Kasek die Mieter vertritt, wird der Fall medial natürlich bestens in Szene gesetzt und die Eigentümerin, die BSL GmbH, kann einpacken. Eine gewisse Vernachlässigung des schon vor vielen Jahren sanierten Gebäudes ist seit einiger Zeit wahrnehmbar. Die Fassade verschmutzt, Graffiti werden nicht mehr beseitigt, die Bau-Lücke daneben versifft zunehmend. Der Grund dafür ist offenbar ein Verkauf der Wohnungen zu Höchstpreisen und eine teure Generalüberholung des Gebäudes, bei der im Anschluss wohl kein Student mehr die Miete bezahlen kann.


    Drei Grundstücke weiter am Waldplatz steht ein weiteres imposantes Gebäude von Paul Möbius, das gepflegter wirkt. Meines Wissens wird es auch von vielen Studenten bewohnt.

  • Na also hör mal, das sind doch eindeutig kriminelle Methoden. Willst du im Winter ohne Heizung da sitzen oder fremde Leute in die Wohnung einquartiert bekommen? Hier ist ganz klar eine Grenze überschritten.