Backstein : Selbstverständlich werden gedruckte Bücher nicht durch E-Books ersetzt. Die Zeitbudgets, die früher in gedruckte Bücher flossen, fliessen heute in Soziale Medien. Selbst Studenten lesen heute viel weniger Bücher als noch vor Jahrzehnten. Ich war vor vielen Jahren mal Teil der Buchbranche. Schon damals war klar: Es wird noch viel gekauft, aber das gekaufte weniger gelesen. Heute wird auch weniger gekauft. Das Thema Buch ist für die Mehrheit der Bevölkerung durch. Die Zahlen, die ich zuletzt sah: Bibliotheken sind ein Minderheitenthema für 1/3 der Bevölkerung. 2/3 betrete sie nie/nicht mehr. Die durchschnittliche verkaufte Auflage von Belletristik Neuausgaben in Deutschland liegt inzwischen bei knapp über 2000 (!) Exemplaren. Sich solchen Entwicklungen nicht zu stellen macht keinen Sinn.
Mir kommt das vor wie die Diskussion um Shoppingzentren in Berlin. Es gibt 64 davon. 80% davon könne sich schon mal Umnutzungskonzepte ausdenken, meines Erachtens.
Moewe: Ich stimme dem überwiegend zu. Viele Bibliotheken sind voll - manche sogar zu klein (wie zum Beispiel das neu gebaute Grimm-Zentrum). Es wird auch in Zukunft hoffentlich öffentliche Orte geben, an denen man sich zum Lernen versammeln kann. Aber es werden keine Bibliotheken sein - ausser für vielleicht sehr kleine, sehr privilegierte Minderheiten. Vielleicht wird man es trotzdem Bibliothek nennen - auch wenn es mit dem, was man heute darunter versteht, nichts mehr zu tun haben wird.
Was die Friedrichstrasse angeht: Ich fände es für mich persönlich hervorragend, wenn dort die Landesbibliothek einzieht - und eine 20 Jahre anhaltende Diskussion ein akzeptables Ende fände. Die Vorteile der Standorts wurden ausführlich beschrieben. Ich persönlich fand auch das Dussmann'sche Medienkaufhaus in derselben Strasse hervorragend. Die Abteilung mit Berlin-Büchern suchte jahrelang ihresgleichen. Heute ist sie auf 1/5 der Fläche geschrumpft. Selbst in dieser Zielgruppe und für diese Thema schrumpft die Nachfrage nach "Buch-vor-Ort". Das Medien-Kaufhaus auch ein Rückzugsgefecht. Wenn es im Lafayette gelänge, einen zukunftsträchtigen Ort fürs Lernen zu bauen: Wunderbar. Ich fürchte aber, dort baut man eine Bibliothek - für eine Minderheit (zu der ich mich durchaus auch zähle). Während die Mehrheit weiter in die Röhre gucken wird, was eine zeitgemässe Nutzung des Internets angeht, als Beispiel.