Erfurt: ICE-City
"Räumlicher Exzellenzcluster für bahnaffine Nutzungen" So blumig heißt es im neu gefassten Bebaubungsplan ALT 408 "Bahnhofsquartier West". Für das Vorhaben, das seit einiger Zeit auch als ICE-City durch die Medien geistert wurden nun planungsrechtliche Eckpunkte festgezurrt. Das Areal zwischen Löberstraße, Juri-Gagarin-Ring, Bahnhofsstraße und Bahngleisen ist ein toter Fleck in der Innenstadt und soll im großen Stil entwickelt werden.
Übersicht Bahnhofsquartier West - Bing Maps
Für das Jahr 2017 ist die Fertigstellung des ICE-Knotenpunktes Erfurt avisiert, dann wird hier der einzige ICE-Halt in Thüringen auf der Strecke nach Leipzig liegen. Für diesen Zeitpunkt hat man sich auch die Fertigstellung des Bahnhofquartier-West vorgenommen, ein kühnes Unterfangen wie ich finde. Entsehen sollen:
- citynahe Arbeitsstätten im Bereich zentraler Büro-, Verwaltungs- und Forschungs- und Medieneinrichtungen
- Tagungshotel mit einem Kongressbereich
- Firmenrepräsentanzen, überregionale Dienstleistungsangebote
- hochwertiger Einzelhandel, Wohnen
- gefordert ist eine "sehr hohe städtebauliche Qualität" und "energetisch innovative Gebäude"
Im Sinn hat die Stadt hier also ein bestens erreichbares Geschäftszentrum und spekuliert auf Unternehmensansiedlungen.
Der Löwenanteil des 6,5 Hektar großen Geländes besteht aus den ehemaligen Bahnpostanlagen wie Bahnpostamt, Packhallen, Lagergebäuden etc. Laut Bebauungsplan und Leitbild für die Entwicklung des Gebiets soll geprüft werden ob eine "teilweise Erhaltung und Einbindung der Zeitzeugen aus früheren Nutzungsphasen" möglich ist. Insbesondere steht die Umnutzung der früheren Packhallen als Markthallen im Fokus der CDU-Fraktion im Stadtrat.
Wie ich der hiesigen Presse entnehmen durfte, soll eine "Schneise" in die, in den 80ern auf Kosten der Gründerzeitbebauung entstandenen, "altstadtgerechten" Platten zwischen Thomasstraße und Juri-Gagarin-Ring geschlagen werden. Die Abrisse sollen dazu dienen das Quartier optisch zur Innenstadt zu öffnen. Damit wird der Bestand der KOWO dezimiert aber es soll wohl auch private Eigentümer treffen. Laut OTZ-Artikel soll nur das Gebiet zwischen Breite Gasse und Löberstraße bestehen bleiben, träfe dies zu, müsste wohl auch der prägende Gründerzeitler an der Ecke Breite Gasse - Juri-Gagarin-Ring dran glauben, keine wünschenswerte Entwicklung wie ich meine.
Weitere Baumaßnahmen betreffen den Bereich am Willi-Brandt-Platz (Bahnhofsplatz), von hier aus soll das neue Quartier ebenfalls zugänglich sein, dafür sollen die bisherigen Flachbauten an der ehemaligen Reichsbahndirektion beseitigt werden. Hier befindet sich derzeit Subway, kleinere Geschäfte, die Bahn-Kantine.
Dubios sind anscheinend die Eigentumsverhältnisse, die Krieger-Gruppe (u.a. Möbel Höffner) hat das Bahnpost-Gelände Ende 2009 von der Bahn erworben. Kooperation mit der Stadt soll es aber nur als Gegenleistung für die massive Erweiterung des Thüringenparks geben, das größte Einkaufscenter Thüringens befindet sich ebenfalls in Krieger-Besitz. Der Stadtrat lehnt diese Erweiterung ab, da dies auf Kosten der Innenstadt gehen würde. Wollen wir hoffen, das diesem Druck nicht nachgegeben wird, Stadtrat Warnecke (CDU) wird in der Thüringer-Allgemeinen so zitiert: "Wenn der Investor die Flächen im Bahnhofsviertel gekauft hat wegen des Thüringenparks, hat er Pech gehabt".
Artikel:
Plan B zum Erfurter Bahnhofsviertel wird konkretisiert
Erfurter Kowo-Gebäude sollen für "ICE-City" weichen
Zukunft der Brache am alten Erfurter Bahnpostamt unklar
ICE-City soll neue Formen annehmen
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Bilder folgen bei Gelegenheit.